Birgit Hilliger Paradigmenwechsel als Feld strukturellen ... - Budrich
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Wissen <strong>als</strong> Lerngegenstand<br />
auf einer unbewussten Ebene und beeinflussen aus dem Unbewussten das<br />
Handeln und Verhalten der Akteure. Zu den „nicht sinnhaften Regelmäßigkeitsstrukturen“<br />
gehören kollektive psychische Dispositionen, Ressourcenverteilungen<br />
und Prozessgesetze, die ebenfalls nicht abstrahiert von Regelstrukturen<br />
betrachtet werden können. Sie sind aus sozialwissenschaftlicher<br />
Perspektive dann von Interesse, wenn sie zum Verständnis von Handeln oder<br />
sozialen Praktiken beitragen. 297<br />
Psychische Dispositionen<br />
Psychische Dispositionen werden hier verstanden <strong>als</strong> psychische Motivations-<br />
und Affektstrukturen, die kollektiv geteilt werden, die sich im Handeln<br />
der Akteure aktualisieren und auch modifizieren. Sie wirken ebenfalls handlungsleitend,<br />
sind aber nicht im praktischen Bewusstsein verankert und somit<br />
<strong>als</strong> kulturelles Wissen nicht benennbar.<br />
Während Regeln <strong>als</strong> kollektiv geltende sinnhafte Handlungskriterien schon per Definition<br />
individuenübergreifende sozial emergente Entitäten darstellen, muss ein ‚kollektiv Unbewusstes’<br />
<strong>als</strong> regelmäßiges Aggregat annähernd gleicher individueller psychischer Dispositionen<br />
angesehen werden: Die Strukturen können hier nicht kollektiv ‚gelten’ wie im Falle<br />
von Regeln, sondern <strong>als</strong> Regelmäßigkeiten allein kollektiv ‚existieren‘. 298<br />
So wie die kognitiven Regeln mit Überzeugungen und Sinnhorizonten in<br />
Zusammenhang gebracht werden und Erwartungsstrukturen repräsentieren,<br />
die <strong>als</strong> normative Erwartungsregeln zum Ausdruck kommen, müssen auch<br />
die psychischen Dimensionen in diesem Verhältnis betrachtet werden. Sie<br />
haben gleichfalls auf die Herausbildung der psychischen Dimensionen Einfluss,<br />
die dann ihrerseits <strong>als</strong> strukturelle Faktoren Wahrnehmungsprozesse<br />
und Erfahrungen beeinflussen und <strong>als</strong> unbewusste Strukturen (re)produziert<br />
werden.<br />
Vertrauen, Angst etc. sind Momente des Fühlens, die aus (kollektiven)<br />
Bedeutungszuschreibungen entstanden sind und die zu <strong>strukturellen</strong> Verfestigungen<br />
von Erwartungsstrukturen führen. Sie wirken meist implizit und werden<br />
in Form von Analogien transportiert. Gewalt- oder Rückzugsstrategien<br />
können beide verfestigte Formen einer psychischen Disposition von Angst<br />
darstellen, ohne dass diese selbst benannt wird oder benannt werden kann.<br />
In Hinblick auf Unternehmen treten z. B. psychische Dispositionen in<br />
Form von „institutioneller Abwehr“, der Identifikation mit institutionellen<br />
Ideologien und Rollen oder von Projektionen und unbewussten kollektiven<br />
Fantasien auf. So können besonders angstbesetzte Erfahrungen (z. B. befürchtete<br />
Entlassungen durch den drohenden Konkurs eines Unternehmens)<br />
297 Vgl. ebenda, S. 145.<br />
298 Ebenda, S. 150.<br />
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