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Birgit Hilliger Paradigmenwechsel als Feld strukturellen ... - Budrich

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Wissen <strong>als</strong> Lerngegenstand<br />

Lernprozessen kommen kann. 161 Für Lehrende <strong>als</strong> Unterstützer von Lernprozessen<br />

würde das bedeuten, dass sie derartige rückbezügliche Erwartungsmuster<br />

erkennen, sie <strong>als</strong> solche kommunizieren und gemeinsam mit den Lernenden<br />

deren Lernwiderstände in ihren Bedeutungskontexten rekonstruieren<br />

müssen.<br />

In ihrer Konsequenz führt die Theorie der Rückbezüglichkeit zum Ausgangssystem<br />

zurück und letztlich auch zur eigenen Verantwortung für unsere<br />

Handlungen.<br />

[...] es kommt einer Vertreibung aus dem Paradies des vermeintlichen So-Seins der Welt<br />

gleich, an der wir wahr leiden können, [...] nun steht vor uns nicht nur die Möglichkeit<br />

völliger Verantwortung für uns selbst, sondern auch für unsere Erfindung und Herstellung<br />

von Wirklichkeiten für andere. 162<br />

Lineares Ursachendenken, welches rückbezügliche Vorgänge missachtet und<br />

Gegensätzliches trennt oder ausschalten will, läuft Gefahr, in Paradoxien zu<br />

enden. So beschreibt WATZLAWICK, wie z. B. die Existenz von Ideologien für<br />

die Entstehung derartiger Paradoxien verantwortlich ist. Ideologien erklären<br />

die Welt in ihrem So-Sein und haben einen allumfassenden Charakter. Jede<br />

Ideologie ist in ihrer Zielsetzung von der Utopie eines endgültigen Idealzustands<br />

erfüllt. Ideologien steuern auf ein Absolutes hin und negieren damit,<br />

dass Wissen nur in seiner Prozesshaftigkeit und Kontextualität Bestand hat.<br />

Wird ein Idealzustand angestrebt, tritt oft gerade das Gegenteil ein.<br />

Nun hat die Ideologie <strong>als</strong> Lehrgebäude die fatale Unvollkommenheit,<br />

dass sie ihre eigene Geschlossenheit und Widerspruchsfreiheit nicht aus sich<br />

selbst heraus beweisen kann, ohne dadurch in die Paradoxie der Rückbezüglichkeit<br />

zu verfallen. 163 Man muss demzufolge über seine eigene Beobachterperspektive<br />

reflexiv verfügen, sonst besteht die Gefahr, dass die aufgestellten<br />

Kategorien verabsolutiert und zu endgültigen „Wahrheiten“ deklariert werden.<br />

164 Wissen muss sich daran messen lassen, wie es der Erfahrungswelt, in<br />

der wir uns bewegen, standhält. Sind wir damit handlungsfähig oder schränkt<br />

es uns im Erreichen unserer Ziele eher ein?<br />

Eine Person, die lernt, mit Mord und Totschlag im Großstadtdschungel zu überleben, lernt<br />

zwar aus der Sicht der Gesellschaft etwas „F<strong>als</strong>ches“, für sich selbst aber das Erforderliche.<br />

165<br />

Wissen bzw. Erkenntnis ist nach GLASERFELD nicht die Suche nach ikonischer<br />

Übereinstimmung mit der ontologischen Wirklichkeit, wie es die Erkenntnistheorie<br />

oder die Wissenslehre propagieren, sondern die Suche nach<br />

161 Vgl. Willke 2004, S. 49.<br />

162 Watzlawick 2003b, S. 106.<br />

163 Watzlawick 2003b, S. 200, bezieht sich hier auf Whitehead und Russell.<br />

164 Vgl. Schäffter 2001, S. 156.<br />

165 Willke 2004, S. 49.<br />

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