Stadtentwicklung im Spannungsfeld zwischen Planung, Verwaltung ...

6 Instrumente und Programme im Strukturwandel
6.1 Schrumpfung statt Wachstum
Ein aktuelles Beispiel für den Einfluss sich ändernder gesellschaftlicher Rahmenbedingungen auf die Stadtent-
wicklung ist die künftige demografische Entwicklung und die stagnierende Wirtschaftsentwicklung, die zwar in
einzelnen Regionen unterschiedlich ausgeprägt sind, in ihrer Auswirkung jedoch die gesamt Republik trifft, so
dass Handlungsstrategien auf jeder staatlichen Ebene erforderlich sind. Vergangene Krisen konnten in der Regel
durch den nächsten Wachstumsschub bewältigt werden. Häußermann und Siebel beschreiben bereits 1987 den
Schrumpfungsprozess in den Städten, die von massiven Arbeitsplatzverlusten und Bevölkerungsabnahme betrof-
fen sind. 178 Es setzt ein Schrumpfungsprozess ein, der sowohl aus einem Strukturbruch in der Stadtentwicklung
besteht, als auch aus einem lebensweltlichen Strukturbruch. Besonders in Ostdeutschland führen Deindustriali-
sierung und die nachfolgenden Abwanderungen zu einem Verlust von jungen Menschen und gut Ausgebildeten,
was das endogene Potenzial für Entwicklungs- und Erneuerungsprozesse auf unterhalb der notwendigen kriti-
schen Masse zusammenschrumpfen läßt. 179
Die Ergebnisse der 10. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes prognosti-
zieren einen bundesweiten Bevölkerungsverlust, nach einem geringen Anstieg auf 83 Mio. von derzeit 82,5 Mio.
Einwohner, auf 75 Mio. Einwohner bis zum Jahr 2050. Diese Entwicklung verläuft aber nicht einheitlich über
die gesamte Republik verteilt, sondern nach der Bevölkerungsprognose des Bundesamtes für Bauwesen und
Raumordnung (BBR) bis 2020 zeigt sich ein nebeneinander von wachsenden Städten und Städten mit hohen
Bevölkerungsverlusten. Dies ist verbunden mit einschneidenden altersstrukturellen Veränderungen wonach die
Zahl der Jugendlichen < 20 Jahren bis 2020 um fast 20 % zurückgehen wird und der Anteil der älteren Men-
schen über 60 Jahre stark zunehmen wird. 180
In den neuen Bundesländern ist diese Entwicklung bereits nach dem Mauerfall erkennbar gewesen, jedoch
werden auch im Westen der Bundesrepublik zunehmend periphere Räume wie das Saarland oder altindustriali-
sierte Regionen wie das Ruhrgebiet von dieser Entwicklung betroffen. 181
Die 10. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung nivelliert die demografische Entwicklung über alle Bundes-
länder. Um einen regionalspezifischen Steuerungsbedarf aufzeigen zu können, hat das Statistische Landesamt
eine eigene, auf die 10. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung abgestimmt regionalisierte Vorausberech-
nung für die Landkreise, den Stadtverband Saarbrücken und die Landeshauptstadt Saarbrücken erstellt. Unter der
Annahme, dass der jährliche Wanderungsüberschuss dem Durchschnitt der letzten Jahre entspricht (Variante 4),
wird die Saarländische Bevölkerung von 1.062.231 Einwohnern am 30.09.2003 auf 925.900 im Jahr 2030
zurückgehen. Dies entspricht einem Rückgang von fast 13 %. Bei der Variante 5, die von einem höheren Wande-
178
H.Häußermann, W.Siebel, 1987
179
Jörg Dürrschmidt, Schrumpfung in den Köpfen, in: Schrumpfende Städte, Band 1 - Internationale Untersuchung, S. 274-
27, Hrsg. Philip Oswald, 2004
180
BMVBW, Städtebaulicher Bericht 2004, a.a.O.
181
Jochen Dieckmann, Stadtentwicklung zwischen Schrumpfung und Wachstum - Stadtumbau Ost/West in: vhw Forum
Wohneigentum 3/2004, S. 122-127
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