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Stadtentwicklung im Spannungsfeld zwischen Planung, Verwaltung ...

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eich für das gesamte westliche Saarland bis nach Merzig und in den Hochwald..... Nicht vergessen darf man<br />

auch, daß bis 1962 der Lohn für die Hüttenarbeiter bar ausgezahlt worden ist. Da gab es noch eine richtige Lohn-<br />

tüte. Und davon profitierten nicht nur die Kneipen, sondern auch die übrigen Geschäfte. Mit den Giro-<br />

Überweisungen hörte das alles auf. Außerdem waren schon die Versandhäuser auf den Plan getreten, die man vor<br />

dem „Tag X" hier nicht gekannt hatte. Kommunalpolitisch war es jedenfalls ein großer Fehler - und das hatte<br />

damals mit Montankrise noch überhaupt nichts zu tun -, das Knappschaftskrankenhaus aus der Stadt abwandern zu<br />

lassen..... (Der Zustand des Alten Rathauses), das war katastrophal. Wahrscheinlich war dort seit dem ersten<br />

Weltkrieg nichts mehr renoviert worden, als ich 1965 dort anfing. Das Neue Rathaus war ja schon begonnen<br />

worden, und es hieß, <strong>im</strong> nächsten Jahr ziehen wir um. Aber 1966 hatte die Stadt kein Geld mehr und kam zu der<br />

„weisen" Ansicht, die natürlich ein Blödsinn war, man müsse den Bau stoppen. Die Rohbauruine blieb bis 1969<br />

stehen und kostete viel Geld. Das Alte Rathaus sollte abgerissen werden. Da fielen schon die Brocken vom Turm;<br />

man hat die Turmhaube abnehmen müssen. Bis 1970 zog sich das hin. Wir quartierten uns in das Neue Rathaus<br />

ein und das Alte stand zum Abbruch bereit. Der damalige Oberbürgermeister Fischer hatte jedoch ein Faible für<br />

Jugendstil, gründerzeitliche Bauten und Malerei. Und da er ein gewiefter Jurist war, hat er das Alte Rathaus<br />

klammhe<strong>im</strong>lich unter Denkmalschutz stellen lassen. Als dann das Stadtparlament den Abriß entscheiden sollte,<br />

stellte sich heraus, daß gar nichts mehr zu entscheiden war. Das gab böses Blut, aber es war nichts mehr zu ändern:<br />

das Ding war gesetzlich gerettet. Daß Völklingen außer der Evangelischen Kirche, der St.-Eligius-Kirche und der<br />

Hütte heute ein Altes Rathaus als Schmuckstück zu bieten hat, das ist ganz allein dem Fischer zu verdanken.....<br />

(Frage nach dem Verbleib des städtischen Reichtums) - Ja, das ist so eine Sache. Als die Hütte noch schwarze<br />

Zahlen geschrieben hatte, war Völklingen steuermäßig so etwas, wie ein Satellit der Familie Röchling. Und diese<br />

Röchlings haben es verstanden, vor allem nach der Rückgliederung, möglichst wenig Steuern zu bezahlen.<br />

Zeitweise war es sogar so - das habe ich später den Akten entnommen -, daß die Stadt den Röchlings die Steuern<br />

zurückerstatten mußte. Das ist ein Kapitel für sich. ...Im Zuge der wirtschaftlichen Rückgliederung wurden da<br />

best<strong>im</strong>mte Gesetze und Anordnungen erlassen, so daß die Stadt entweder wenig Geld bekam oder - wie schon<br />

gesagt - zurückerstatten mußte. Seit 1966 war das <strong>im</strong>mer ein auf und ab. Mal war Geld da und mal gab es plötzli-<br />

che Sparmaßnahmen. Das hing ganz von den steuertechnischen Tricks -den legalen wohlgemerkt - der Röchlings<br />

ab. Zum Beispiel war der Wasserpreis <strong>im</strong>mer ein Politikum. Der war für die Hütte ausgesprochen günstig und<br />

dieses Geld ging der Stadt verloren..... Diese Planlosigkeit ist insgesamt festzustellen: Bei allen drei Neubauprojekten<br />

dieser Zeit - also Rathaus, Schlachthof und Stadtbad - hat keiner an die Folgekosten gedacht. Hinzu kommt, dass<br />

überhaupt nicht geographisch gedacht wurde.....Ähnliches gilt für verschiedene Saarstahlverwaltungsgebäude <strong>im</strong><br />

Stadtkern: Wenn ich jetzt die Diskussionen um die Errichtung eines neuen Hotels - Stichwort „Industrietouris-<br />

mus" -verfolge, dann wäre es doch naheliegend, zumindest mal Ideen zu entwickeln, wie man <strong>im</strong> Stadtkern<br />

vorhandene Bausubstanz nutzen könnte. Stattdessen werden irgendwelche Projekte geplant, ohne daß die spezifi-<br />

sche Stadtgeographie in irgendeiner Form Beachtung findet. Doch zurück in die Vergangenheit: Nach dem Rathaus-<br />

neubau hat man beispielsweise die Innenstadt in Behörden- und Geschäftszentrum unterteilt. Deshalb hat man die<br />

Post so schräg in den Markt in die Fluchtlinie des Rathauses gebaut. Die umliegenden gründerzeitlichen Häuser,<br />

die man heute überall in den Prospekten sieht, hätten alle abgerissen werden sollen - meiner Ansicht nach eine<br />

utopische Vorstellung. Rätselhaft, das ganze genauso verrückt wie die Idee, die Poststraße zur heutigen Fußgän-<br />

gerzone hin umzudrehen: Die ganze linke Seite sollte aufgegeben werden. Diese <strong>Planung</strong>en verunsicherten natür-<br />

lich die noch verbliebenen Geschäftsleute und trugen mit zur heutigen Verödung dieser einstmals wichtigen Ein-<br />

kaufstraße bei. Hinzu kam in den 80er Jahren die völlige Veränderung des Sozialbildes in der Stadt. Bis dahin gab<br />

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