Stadtentwicklung im Spannungsfeld zwischen Planung, Verwaltung ...

folgenden beschriebenen Gutachten nicht eingetroffen sind und somit bestimmte Aussagen, z.B. im Bereich der
Ausdehnung der Einzelhandelsflächen, hinfällig wurden, bzw. Empfehlungen, die aufgrund zu erwartender
negativer Entwicklungen abgegeben wurden, einen anderen Stellenwert hätten bekommen müssen.
Diese Entwicklung in Völklingen ist ein Beweis dafür, dass die Planungsmethodik in den 1970er Jahren, mit
ihren umfangreichen Datensammlungen, Auswertungen, Prognosen und großflächigen Entwicklungsansätzen
nur schwerfällig und auch nur partiell auf sich ändernde Rahmenbedingungen reagieren kann, bzw. nach Erstel-
lung einer Entwicklungsplanung diese permanent fortgeschrieben werden muss, wenn sich die wirtschaftlichen
und sozialen Rahmenbedingungen in einem so starken Ausmaße ändern, wie in Völklingen geschehen. Obwohl
die Stadtentwicklungsplanung fortschreibungsfähig angelegt war und durch den EDV-Einsatz ein vereinfachter
Umgang mit der Fortschreibung beabsichtigt war, zeigt die Praxis, dass eine weitere Beobachtung durch die
Verwaltung nicht erfolgt ist und somit auch keine Gegensteuerung eingeleitet werden konnte. Einige Entschei-
dungen während der Umsetzung der Sanierungsplanung hätten bei einer Fortschreibung und Analyse der verän-
derten Rahmenbedingungen anders ausfallen können, wie z.B. die Ansiedlung des Globus als Barriere zur
Stahlindustrie.
5.1.2 Gutachten zur Stadtentwicklung Stadtbauplan
Mitte 1971 wurde das später in Stadtbauplan umbenannt Planungsbüro Guther und Stracke mit der Erstellung
eines Gutachtens zur Stadtentwicklung in Völklingen beauftragt. 106 Die Erstellung des Gutachtens wurde zwar
im Rahmen der Initiierung der Stadtsanierung in Auftrag gegeben, umfasst jedoch sowohl ein wesentlich breite-
res Aufgaben- und Themenspektrum als auch die Entwicklung eines Stadtentwicklungsmodells für das komplet-
te Stadtgebiet einschließlich aller Umlandgemeinden. Der Anlass für dieses Gutachten war neben der anstehen-
den Stadtkernsanierung auch die Absicht, eine Verwaltungs- und Gebietsreform durchzuführen, wobei die
Abgrenzung des Untersuchungsraumes bewusst nicht nach politischen Gesichtspunkten sondern nur nach funk-
tionellen Aspekten erfolgte. Dieses Gutachten ist auch aus dem Grund besonders interessant, da es zum einen die
Planungseuphorie der siebziger Jahre wiederspiegelt, sich aber im Prinzip auch mit der gleichen Problemlage
beschäftigt, die noch heute in Völklingen existiert. Es ist quasi ein Beweis dafür, dass die Planungseuphorie
innerhalb der Stadtentwicklungsplanung der 1970er Jahre keine nachhaltige Problemlösungsstrategie war. 107
Interessant ist, dass die am Anfang des Gutachtens beschriebene gesamtsaarländische Problemlage zum Teil
heute noch existiert, bzw. zwischenzeitlich zu einer Strukturkrise geführt hat. Folgende Punkte wurden genannt:
• Eine einseitige , wachstumsschwache Industriestruktur (Montanindustrie).
• Eine Grenzlage, deren historische Nachteile erst langsam im Rahmen des Gemeinsamen Marktes (EU)
ausgeglichen werden können.
• Ein im Vergleich zu anderen Bundesländern niedrigeres Einkommens- und Ausbildungsniveau.
Diese Rahmenbedingungen sollten sich für Völklingen laut Gutachten besonderes nachteilig auswirken:
106 Planungsbüro Guther und Stracke, Gutachten zur Stadtentwicklung Völklingen, Darmstadt 1972
107 Vgl. Kapitel 3.3. Das Gutachten zur Stadtentwicklung Völklingen aus dem Jahr 1972 ist ein geeignetes Beispiel dafür, wie
Stadtentwicklungsplanung in den 1970er Jahren aufgefasst wurde.
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