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Stadtentwicklung im Spannungsfeld zwischen Planung, Verwaltung ...

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Es waren Notzeiten. Das Schw<strong>im</strong>mbad war damals noch viel schöner und größer als heute. Das Stadion war<br />

umgeben von einer Pappelkulisse, ähnlich wie die Häuserzeile <strong>im</strong> Mühlgewann, wo heute das Neue Rathaus steht....<br />

(Als Gastronomie) gab es den Goldenen Stern, ein bürgerliches Lokal, und den Hüttenhof, einen riesigen Bauern-<br />

hof, auf dem Kleinen Markt, der in den 50er Jahren irgendwann abgebrannt ist, dort wo heute die Post steht. Der<br />

ragte allerdings nicht so in den Markt hinein wie heute das Postgebäude. Die Moltkestraße war so eine Art Ver-<br />

gnügungsviertel. Da war der Handelshof mit abendlichem Tanz und da gab es das Dre<strong>im</strong>äderlhaus. Und den<br />

Frankfurter Hof, das ehemalige Reichseck, dort wo heute die scheußliche Bank steht, das war damals ein grün-<br />

derzeitliches Haus mit Treppentürmchen und wunderschönen Giebeln. In der Karl-Janssen-Straße waren mehrere<br />

Gaststätten und sonntags waren alle Lokale voll. Die vier Kinos haben die Leute angezogen. Der Einzugsbereich<br />

umfaßte den ganzen Warndt, auch den französischen und deutsch-sprechenden Teil. Das schönste Kino weit und<br />

breit war die Filmbühne, die erst 1942 <strong>im</strong> Gebäude des heutigen Woolworths fertiggestellt worden war. Zeitwei-<br />

se fanden dort sogar Uraufführungen statt. Denn in Saarbrücken waren die Kinos noch alle zerstört. Da war nur<br />

der Johannishof und die Wartburg, erst später machte das UT wieder auf. Völklingen war damals als Kinoort sehr<br />

beliebt. In der Filmbühne bekam man keinen Platz, wenn man nicht vorbestellt hatte. Im Zentral-Kino liefen die<br />

Zorro-Filme, <strong>im</strong> Metropol liefen anspruchsvollere Filme und später <strong>im</strong> BB unten am Alten Markt lief ebenfalls ein<br />

gediegenes Programm. Der Inhaber, der die daneben liegende Gaststätte betrieb, war ein ehemaliger Boxer und<br />

deshalb sehr beliebt. An der Ecke Kirchgasse gab es das „Biedermann"; be<strong>im</strong> „Weismann" war abends <strong>im</strong>mer<br />

Tanz. Die „Turnhalle" war <strong>im</strong>mer voll. Sonntags war in Völklingen damals die Hölle los.... Das (heute ebenfalls<br />

geschlossene) „Residenz" gab es damals noch nicht. Das ist erst 1956 eröffnet worden, als mit dem allmählichen<br />

Beginn des Fernsehens langsam auch das Kinosterben einsetzte. Davor war dort eine große Widemeyer-<br />

Tankstelle mit viel Betrieb. Es gab mehrere Tankstellen in Völklingen. Gegenüber der Stadtsparkasse war der<br />

Autopark Reutier mit drei Tanksäulen und einer riesigen Werkstätte bis zur Hofstattstraße, und in Fürstenhausen<br />

gab es den Altpeter mit Tankstelle, Taxi, sowie Motorrad- und Fahrradgeschäft. Dort konnte man in den 50er Jahren<br />

die Zschoppauer-Motorräder aus Chemnitz, die über Frankreich eingeführt wurden, und Vespas kaufen. Die<br />

Leute kamen aus der ganzen Umgebung.....<br />

(Auf dem Wochenmarkt), da gab es alles. Sogar Viehzeug: Hühner, Enten, Kaninchen und so weiter. Der Gemü-<br />

semarkt war riesengroß. Und auch der Textilmarkt war ziemlich umfangreich. Dann waren da <strong>im</strong>mer drei, vier<br />

Stände mit irgendwelchen Neuheiten: irgendein neues Putzmittel oder ein neuer Topfuntersatz, ein Wunder-<br />

schwamm oder ein neues sagenhaftes Fleckenmittel. Damals wurde noch alles ausgerufen. Besonders die Gemü-<br />

sebauern aus Lisdorf taten sich hervor. Das ging zu, wie man es heute nur noch von orientalischen Märkten her<br />

kennt. Aus dem ganzen Warndt kamen die Leute. Auf den Dörfern gab es kaum Geschäfte. Ganz zu schweigen<br />

von Apotheken oder Ärzten. Ich glaube, damals gab es gerade noch in Ludweiler einen Arzt und einen Apotheker.<br />

Der Marktbesuch war der Anlaß auch für alle weiteren Besorgungen. Die Leute kamen mit dem Postbus, der zwei-,<br />

dre<strong>im</strong>al am Tag hin und her fuhr. Das war so ein richtiger Seelenverkäufer, grün gestrichen mit goldenem Post-<br />

horn, der einen Höllenlärm machte und bei jedem Schlagloch auseinanderzufallen schien..... Es gab eine (Straßen-<br />

bahn)Linie nach Ludweiler und eine bis Großrosseln an den Grenzübergang. Nach Püttlingen und nach Wadgas-<br />

sen hatte man in den 50er Jahren Trolley-Busse eingeführt. Als die Saarbrücker ihre Straßenbahn abgeschafft<br />

hatten, meinten die Völklinger, sie müßten das auch tun. Sie haben kurzerhand die Züge ins Mühlgewann gefah-<br />

ren, wo heute das neue Rathaus steht, und haben alles in Flammen aufgehen lassen. Um dem Ganzen noch einen<br />

38 Dirk Bubel, Es war einmal eine Stadt..., Gespräch mit Hans Obermann, in: Saarbrücker Hefte, Heft 77, Frühjahr 1997, S.4-<br />

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