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Organisationsgebundene pädagogische Professionalität - Budrich

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Theoretisches Konstrukt<br />

Es wird praktische Handlungsfähigkeit erworben. Doch der implizite Bildungsprozess<br />

soll nicht mit dem Konzept des „Learning by Doing“ verwechselt<br />

werden.<br />

In impliziten Bildungsprozessen wird im erfolgreichen Fall eine generative Regelstruktur<br />

erworben, gewissermaßen eine Handlungsgrammatik, auf deren Basis der Vollzug kompetenter<br />

Handlungen erst aussichtsreich wird (ebd.:70).<br />

Die Lernsituation und die in ihr möglichen Erkenntnisprozesse schließen an<br />

die Lebenspraxis der Teilnehmenden an. Es bedarf professioneller Formen<br />

zur Explikation der Sinn- und Bedeutungsstrukturen lebenspraktischen Handelns.<br />

Diese zielen darauf, den latenten Sinngehalt der sprachlichen Handlungen<br />

in der Lernsituation zu erschließen, d. h. den erfassten subjektiven<br />

Sinn in einer dialogischen Kommunikation so „verfügbar“ zu machen, dass<br />

ein „stellvertretendes“ Deutungsangebot des latenten Sinngehalts im Sinne<br />

höhersymbolischen Wissens die subjektive Sinnstruktur der Lernenden bewahrt.<br />

Lernende können ihrerseits diese Deutung erschließen, also ihr Wissen<br />

transformieren.<br />

Das Konzept der ‚stellvertretenden Deutung’ bezieht sich aus meinem<br />

Verständnis der Logik professionellen Handelns auf die Nahtstelle des hermeneutischen<br />

Fallverstehens in einer dialogischen Kommunikation. Am Begriff<br />

der stellvertretenden Deutung wurde kritisiert, dass er im Kontext des<br />

psychoanalytischen Übertragungsmodells verortet ist. 55 Der Begriff markiert<br />

eine Asymmetrie im Professionellen-Klienten-Verhältnis. Der Klient, die<br />

Klientin ist auf Deutungsangebote angewiesen, da ein bestimmter Zusammenhang<br />

nicht durchschaubar ist. Diese Perspektive ist im Begriff der ‚stellvertretenden<br />

Deutung’ aufgenommen (Stichweh 1992:44). Stichweh präferiert<br />

dagegen den Begriff der Vermittlung. Aus seiner Sicht betont der<br />

Begriff ‚Vermittlung’, dass der Professionelle eine intermediäre Position in<br />

Bezug auf die Repräsentation einer Sinnperspektive oder Sachthematik einnimmt,<br />

die er dem Klienten, der Klientin vermittelt. Der Professionelle vermittelt<br />

ein Verhältnis zu diesem gesellschaftlichen Wissensbestand.<br />

Das professionstheoretische <strong>Professionalität</strong>sverständnis ist mehr als eine<br />

sozialwissenschaftliche Rekonstruktion des Berufshandelns – es formuliert<br />

ein ethisches, wertorientiertes Handlungskonzept für Pädagogen. <strong>Professionalität</strong><br />

soll technokratische Problemlösungen beruflichen Handelns unter Bedingungen<br />

verwissenschaftlichter Rationalität und rollenförmiger Interaktion<br />

abwenden. Das professionalisierte Handeln von Pädagoginnen ist grundsätzlich<br />

der Respektierung und Wiederherstellung autonomer Lebenspraxis der<br />

Teilnehmenden verpflichtet. Das Konstrukt ‚autonome Lebenspraxis’ geht<br />

55 Der Begriff der stellvertretenden Deutung, der von Schmitz und Dewe in den Diskurs zur<br />

erwachsenen<strong>pädagogische</strong>n <strong>Professionalität</strong> eingebracht wurde, blieb umstritten (Tietgens<br />

1988; Peters 2004; Faulstich 2003).<br />

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