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Organisationsgebundene pädagogische Professionalität - Budrich

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6.3 Performativ eine Geltung in Kraft setzen<br />

Theoretisches Konstrukt<br />

Mentalistische Ansätze argumentieren, dass die Organisation in den Köpfen<br />

der Organisationsmitglieder stattfindet, und betonen die subjektiven Konstruktionsleistungen<br />

der Individuen. Mithilfe von kognitiven Skripten und<br />

subjektiven Theorien erfassen Mitglieder die Strukturen der Organisation und<br />

stimmen ihr Verhalten auf die Organisation ab, die als eine äußere, objektiv<br />

gegebene Realität vorgestellt wird (Kieser 1998:11). Einzelne sozialkonstruktivistische<br />

Ansätze fokussieren auf die kommunikative Aushandlung des<br />

Sinns zwischen den Akteuren. Kieser zeichnet das Bild von der „allmählichen<br />

Verfertigung der Organisation beim Reden“ (ebd.:6f). 155 Organisationsstrukturen<br />

sind aus seiner Sicht durch Kommunikation sozial konstruiert und<br />

werden durch Kommunikation aufrechterhalten. Versuche zur Änderung der<br />

Aktivitäten der Organisationsmitglieder müssen entsprechend darauf abstellen,<br />

die Kognitionen der Organisationsmitglieder durch Kommunikation zu<br />

verändern (ebd.:14).<br />

Weick hingegen betrachtet Organisation im Rückgriff auf die Wahrnehmungsperspektive<br />

der Ethnomethodologie als eine Vollzugswirklichkeit.<br />

Geht man vom prekären Charakter alltäglicher Verständigung aus und nimmt<br />

an, dass Sozialität erst situativ als Inter-Subjektivität hergestellt werden<br />

muss, so gibt die Wahrnehmungsperspektive der Ethnomethodologie auf die<br />

Frage, worin Sozialität gründet, eine zunächst überraschende und kreative<br />

Antwort: Die Vertreter der Ethnomethodologie argumentieren, dass Akteure,<br />

Akteurinnen wechselseitig einander eine Übereinstimmung unterstellen. Die<br />

objektiven Tatsachen des sozialen Lebens werden mittels der unterstellten<br />

Übereinstimmung als eine fortlaufende Durchführung der aufeinander abgestimmten<br />

Aktivitäten des täglichen Lebens erzeugt (Bohnsack 2007:58).<br />

155 Dachler (2000) kritisiert die entitative Perspektive des Kognitivismus. „Alle Fragen, die<br />

sich auf die soziale Vernetztheit des Individuums in Organisation und Gesellschaft<br />

beziehen und die versuchen, individuelles Wissen, individuelle Eigenschaften und<br />

Verhaltensweisen mit dem Phänomen ‚Organisation’ und ‚sich organisieren’ in Verbindung<br />

zu bringen, entstehen aus der Grundvorstellung eines als Entität verstandenen, individuellen<br />

oder (aggregierten) Akteurs“ (Dachler 2000:419). Dessen Kognitionen können als<br />

gedankliche Karten bzw. Skripts von impliziten Annahmen oder expliziten Konstrukten<br />

zum Vorschein gebracht werden. Man beschäftigt sich damit, wie Leute in Organisationen<br />

denken, wie sie selektieren, interpretieren und entscheiden. Menschen gestalten ihre<br />

objekthaften Umwelten nach ihren Vorstellungen, Prioritäten und Interessen. Dachler<br />

argumentiert, dass es dem Kognitivismus in der Organisationsforschung deshalb kaum<br />

möglich sei, plausibel zu erklären, dass Kollektivität mehr als die Summe der einzelnen<br />

Individuen sei (ebd.:420). Er fragt kritisch, wie es dann überhaupt zu erklären sei, dass<br />

Interaktionen und Diskurse unter den Mitgliedern der Organisation und unterschiedlichen<br />

Gruppen möglich sind. Zur Unterscheidung der Vokabulare symbolischer Organisationstheorien<br />

und kognitivistischer Organisationstheorien siehe Czarniawska-Jörges (2000),<br />

Knorr-Cetina (2000), Strati und Nicolini (2000) sowie Dachler (2000).<br />

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