30.12.2013 Aufrufe

Organisationsgebundene pädagogische Professionalität - Budrich

Organisationsgebundene pädagogische Professionalität - Budrich

Organisationsgebundene pädagogische Professionalität - Budrich

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Theoretisches Konstrukt<br />

Die Unterscheidung zwischen explizitem und implizitem Wissen hat<br />

auch in der Erforschung der Wissensbasis von Organisationen Eingang gefunden<br />

(Nonaka und Takeuchi 1997; Willke 2000b; II 4). Theoretische Konzepte,<br />

die sich auf Polanyis Theorie des tacit knowing berufen, erwecken häufig<br />

die Vorstellung, explizites und implizites Wissen könnten als differente<br />

propositionale Wissensbestände referenziell bestimmt werden. Stattdessen<br />

hat das implizite Wissen eine dynamische Qualität – es kann situiert Fachund<br />

Methodenwissen aktivieren (Kruse 2005:53).<br />

2.2.4 Tacit knowing<br />

Tacit knowing ist bei Polanyi als theoretischer Begriff entwickelt.<br />

Diese Theorie ist primär keine Theorie über Wissen im propositionalen und statischen Sinne,<br />

sondern eine Theorie des Erkennens und Tuns, insbesondere auch des Verstehens und<br />

Lernens, sowie der Bewusstseinsvorgänge, die solche mentalen Akte begleiten (Neuweg<br />

2001:134). 59<br />

Polanyi wird also falsch verstanden, wenn man das implizite Wissen im Sinne<br />

eines propositionalen Wissens auffasst und es dem expliziten Wissen gegenüberstellt.<br />

Wahrnehmen, Erkennen, Tun und Verstehen werden von Polanyi<br />

vor dem Hintergrund der gestalttheoretischen Unterscheidung zwischen<br />

subsidiärem Hintergrundbewusstsein (proximaler Term) und der fokal bewussten<br />

Gestalt (distaler Term) 60 als aktiver Vorgang der Gestaltbildung<br />

entworfen. Mit dem Begriff der Gestalt wird etwas Vorübergehendes im<br />

Fluss des Werdens erfasst, das in einem bestimmten Moment das Feld des<br />

Erkennens 61 dominiert. Gestalt ist holistisch und taucht als eine Ganzheit auf.<br />

In der Gestaltbildung bleiben die Elemente des subsidiären Hintergrundbewusstseins<br />

implizit – fokal bewusst wird die Gestalt. Gestaltbildung ist die<br />

Fähigkeit, Einzelheiten in Begriffen von Ganzheiten zu verstehen (Neuweg<br />

1999:136 im Rückgriff auf Polanyi). Etwas interpretieren zu können ist eine<br />

intellektuelle Fähigkeit, die für Erkenntnis, Wissen, Kompetenz und Exper-<br />

59 Neuweg (1999) leistet eine grundlegende Rekonstruktion von Polanyis Theorie des tacitknowing<br />

im deutschen Sprachraum. Auf seine Arbeit beziehe ich mich in meiner<br />

Argumentation.<br />

60 Proximal: dem zentralen Teil – der Körpermitte – zu gelegen. Distal: weiter von der<br />

Körpermitte entfernt liegend.<br />

61 Eine Gestalt kann auch das Feld des Handelns mehrerer Mit-Handelnder dominieren. Dann<br />

spricht man von einer ‚Handlungsgestalt’. Weitere Begriffe sind ‚Organisationsgestalt’ und<br />

‚Familiengestalt’. Im Unterschied zu den Begriffen ‚Struktur’, ‚Bedeutung’ oder ‚System’<br />

verweist der Begriff der ‚Gestalt’ auf den Aspekt des nur vorläufig Stillgestellten, das sich<br />

auflösen und eine-neue-Gestalt-bilden wird.<br />

111

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!