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Organisationsgebundene pädagogische Professionalität - Budrich

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Fallstudie<br />

Die Unterscheidung zwischen Lernberatung im Kontext von Qualifizierung<br />

und Entwicklungsbegleitung im Kontext von Kompetenzentwicklung wird<br />

von Pädagogen und Pädagoginnen in den Mikrostrukturen der Institutionalisierung<br />

lebenslangen Lernens getroffen und selbstverständlich auch von den<br />

Lernenden selbst, die mit ihrer Präferenz für ein bestimmtes Problemlösungsmuster<br />

und entsprechende Expertise die jeweilige ‚Lehrfunktion’ mitkonstituieren<br />

(vgl. II 3.4). 187<br />

als eine Routineveranstaltung, worin nämlich standardisiertes Wissen als solches<br />

angeeignet wird. Wohingegen Bildung immer Krisenlösung ist und das Gegenteil von<br />

Routinen. […] Nur wenn man mit Subjektivität ausgestattet ist, kann man auch Krisen<br />

bewältigen, weiß man überhaupt, was Krisen sind und kann überhaupt von Krisen ereilt<br />

werden. Denn, was Subjektivität ist und was sozusagen eine Lebenspraxis ist, das<br />

konstituiert sich genau dadurch, dass man in der Lage ist, autonom Krisen zu bewältigen“<br />

(Oevermann 2008:59). Vor diesem Hintergrund führt der Diskurs zur Beratung als Schlüsselkategorie<br />

der Erwachsenen- und Weiterbildung latent auch einen Professionalisierungsdiskurs<br />

sensu Koring (1992), E. Schmitz und Oevermann (1996, 2008) fort, da<br />

der Ausgangspunkt von Beratung die Kontingenz einer hochkomplexen alltäglichen<br />

Problemlage ist, die über Verfahren einer qualifizierenden Instruktion nicht sinnvoll<br />

curricular bearbeitbar ist (Schäffter 2010:62). Arnold knüpft hingegen bei der Reflektion<br />

der Professionalisierung von Bildungsberatung an den berufsständischen Professionalisierungsdiskurs<br />

an. Er überlegt, ob Bildungsberatung den Status einer Profession hat, und<br />

orientiert sich dabei am Konzept monoprofessioneller gesellschaftlicher Funktionssysteme.<br />

Er stellt fest, dass die Bildungsberatung eine Tätigkeit sei, die nicht „im Angesicht eines<br />

gesellschaftlichen Zentralwerts agiere“ wie Ärzte oder Richter dies tun. Er spricht sich aber<br />

auch dagegen aus, die Bildungsberatung als eine semiprofessionelle Tätigkeit abzuwerten<br />

und schlägt vor, sie als einen „schöpferischen Beruf“ zu markieren (vgl. Arnold 2008:88f).<br />

Seine Überlegungen erwecken den Eindruck, dass man im Feld der Bildungsberatung eine<br />

Fachdiskussion so wiederholt, wie sie bereits bei der Verberuflichung des Berufs des<br />

Erwachsenenpädagogen geführt wurde.<br />

187 Im Selbstlernzentrum-IT, das in dem hier interessierenden SOL-Prozess aufgebaut wurde,<br />

zeigte sich beispielsweise nach Abschluss des SOL-Projekts, dass die Präferenz der<br />

Lernenden darüber entscheidet, welches Lehrhandeln sie als selbstverständlich erwarten<br />

und ggf. auch als kompetent wahrnehmen und bewerten. Die Konzeption des Selbstlernzentrums<br />

besagt, dass die Lernunterstützungspraxis auf den Erwerb von Selbstlernkompetenzen<br />

zielt. Eine Teilgruppe der Lernenden erwartet aber von den Lehrenden<br />

kompetente Unterweisung, wie sie die Probleme, die ihnen im Lernprozess begegnen,<br />

schnell lösen können. Daraus ergibt sich eine Spannung, die die Lernbegleiter/-innen<br />

ausbalancieren müssen. Jordan beobachtet ebenfalls, dass normative didaktische Konzepte<br />

das Lehr-Lerngeschehen nicht orientieren, sondern dass das Lern-Lehrgeschehen<br />

alltagsdidaktischen Orientierungen folgt. Jordan rekonstruiert in ihrer Studie solche<br />

‚Alltagsdidaktischen Konfigurationen in der Erwachsenenbildung’. Ihre Studie ist der<br />

ethnomethodologischen Forschung zuzuordnen. Sie kritisiert, dass erwachsenendidaktische<br />

Praxis in der Regel mit normativen und deduktiven Analyseinstrumenten erforscht wird,<br />

wodurch notwendigerweise respondierende Ergebnisse geliefert werden. Im Unterschied<br />

dazu hat Jordan ein Analysemodell entwickelt, das dazu taugen soll, fallbezogen den<br />

Selbstausdruck einer bestimmten empirischen didaktischen Realität zu enträtseln, indem<br />

deren Äußerungsformen und Bezüge in abduktiver Forschungsmethodik ausgedeutet<br />

werden (Jordan 2008).<br />

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