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Organisationsgebundene pädagogische Professionalität - Budrich

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Theoretisches Konstrukt<br />

Vokabulare der Sinnstiftung<br />

Sinn ist flüchtig. Er muss permanent re-produziert werden. Oder anders gesagt:<br />

Organisieren ist ein permanentes Prozessieren von Sinn. Der einzelne<br />

Akt der Sinnstiftung wird durch die minimale Struktur des Sinns erklärt. Die<br />

minimale Struktur des Sinns ist die Verbindung zwischen dem Indikator<br />

(cue) 153 einer Situation und dem aus der Vergangenheit hervorgegangenen<br />

Bezugsrahmen (frame). In der Gegenwart wird einem Indikator eine Bedeutung<br />

gegeben, die durch den Bezugsrahmen aus der Vergangenheit fundiert<br />

ist und die eine bedeutungsvolle Definition der gegenwärtigen Situation kreiert.<br />

Bezugsrahmen und Indikatoren können wir uns als Vokabulare vorstellen, in denen abstraktere<br />

Worte in einem Kontext Sinn erhalten, der durch die im Kontext inbegriffenen<br />

Worte erzeugt wird. Die Bedeutung innerhalb der Vokabulare ist relational. Ein Indikator<br />

in einem Rahmen erzeugt Sinn, nicht der Indikator allein und auch nicht der Rahmen allein<br />

vermögen dies. Anders gesagt, die Substanz der Sinnstiftung beginnt mit drei Elementen:<br />

dem Rahmen, dem Indikator und einer Beziehung (Weick 1995:110; Übers. H. S).<br />

Dieses abstrakte Basismodell konkretisiert Weick im Konzept der Vokabulare<br />

der Sinnstiftung. Unter Vokabularen können bestimmte Formen des symbolischen<br />

Sprachgebrauchs verstanden werden, die jeweils differente Möglichkeiten<br />

des Sensemakings betreiben. Weick (1995) unterscheidet:<br />

1. Ideologien/Vokabulare der Gesellschaft<br />

2. Kontrolle dritter Ordnung/Vokabulare der Organisation<br />

3. Paradigmen/Vokabulare der Arbeit<br />

4. handlungsleitende Theorien/Vokabulare der Bewältigung (coping)<br />

5. Traditionen/Vokabulare der Vorgänger<br />

6. Geschichten/Vokabulare von Sequenz und Erfahrung<br />

Sensemaking hat eine Inhaltsseite (das, worum es geht). Im Prozess des Sensemakings<br />

ist entscheidend, welche Bedeutung dieser Inhalt erhält. Bedeutung<br />

entsteht dadurch, dass ein Inhalt mit dem Inhalt des Bezugsrahmens<br />

kombiniert wird. Der Inhalt, um den es geht, wird also in Indikatoren, Rahmen<br />

und Verbindungen eingebettet. Bedeutung ist eine Funktion sowohl des<br />

Inhalts als auch der Verbindung von Inhalt und Rahmen. Deshalb ist es wich-<br />

153 Das englische Wort cue bedeutet „Achtungssignal, Aufruf, Einsatz, Fingerzeig, Hinweis,<br />

Stichwort, Wink“. Im Strom des Erlebens taucht ein Signal auf, wird ein Moment zu einem<br />

Fingerzeig für etwas und gibt den Einsatz für den Prozess der Sinngebung. Die<br />

Übersetzung des englischen cue mit ‚Indikator’ beinhaltet zwar den funktionalen Aspekt<br />

des Anzeigens von etwas, ist aber dem Wortsinn nach insofern schwächer, als der<br />

aktivierende Aufforderungscharakter mit dem Begriff ‚Indikator’ nicht ausgedrückt wird.<br />

Indikatoren haben den Charakter von Signalen, die den Einsatz für den Prozess der<br />

Sinngebung geben.<br />

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