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Organisationsgebundene pädagogische Professionalität - Budrich

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Theoretisches Konstrukt<br />

Die Vokabulare haben eine doppelseitige Gestalt: als theoretische Vokabulare<br />

und explizite diskursive Wissensbestände (Semantiken) und als operative<br />

Sinn- und Bedeutungskonstrukte. Baecker erfasst sie als Formen der Einschränkung<br />

(Baecker 1999), und im Rückgriff auf Wittgensteins<br />

Sprachtheorie (vgl. I 3) können wir auch von einzelnen Lebensformen und<br />

ihren Sprachspielen sprechen. Morgan (1997) spricht von ‚Metaphern’ und<br />

arbeitet den metaphorischen Gehalt der Organisationstheorien heraus.<br />

Die oberste Prämisse [...] lautet, daß unsere Theorien und Erklärungen von Organisationsvorgängen<br />

auf Metaphern beruhen, die es uns ermöglichen, Organisationen differenziert<br />

und doch nur ausschnittweise zu betrachten und zu begreifen. Metaphern gelten häufig nur<br />

als Mittel zur Ausschmückung von Gedankengängen, aber ihre Bedeutung reicht viel weiter.<br />

Denn der Gebrauch von Metaphern umfaßt eine Denkungsart und eine Sichtweise, die<br />

auf unser allgemeines Verständnis der Welt schließen läßt (Morgan 1997:15; Hervorh.<br />

i. O.).<br />

Lakoff und Johnson argumentieren, dass Metaphern Konzepte sind, nach denen<br />

wir leben.<br />

Konzepte, die unser Denken strukturieren, sind nicht auf den intellektuellen Bereich begrenzt.<br />

Sie lenken auch unser nicht reflektiertes Alltagshandeln bis in die prosaischsten<br />

Einzelheiten. Unsere Konzepte strukturieren das, was wir wahrnehmen, wie wir uns in der<br />

Welt bewegen und wie wir uns auf andere Menschen beziehen (Lakoff und Johnson<br />

2007:11).<br />

In der Theorie sozialer Systeme ist die Grundannahme, dass soziale Sinnsysteme<br />

das Problem doppelter Kontingenz (Unbestimmtheit) durch eine in<br />

Gang kommende Kommunikation bewältigen müssen; diese Kommunikation<br />

erzeugt eine emergente Ordnung der Unterscheidungen, die festlegt, wie das<br />

System beobachtet. Beobachten ist eine aktive Konstruktion des Beobachters,<br />

der eine Unterscheidung operativ vollzieht und damit soziale Wirklichkeit<br />

konstituiert. Baecker stellt die Figur des Beobachters an den Ausgangspunkt<br />

theoretischen Denkens.<br />

Tatsächlich geht es uns darum, dem Beobachter die Einschränkung zuzuweisen, um auf<br />

diese Art und Weise beides erklären zu können, die Determination als Einschränkung wie<br />

auch die Auflösung einer Determination durch das Setzen einer anderen Einschränkung.<br />

Wir machen den Beobachter für beides verantwortlich, für die Einschränkung und für die<br />

Beweglichkeit gegenüber jeglicher Einschränkung. Beweglichkeit heißt dann nicht Beliebigkeit,<br />

sondern: Unterscheidung von Unterscheidungen. Auch damit wollen wir nicht auf<br />

irgendeine Art von Relativismus hinaus, sondern auf eine bestimmte Art von Konstruktivismus,<br />

nämlich auf einen operativen Konstruktivismus, der in den Unterscheidungsoperationen<br />

des Beobachters den Grund dessen sieht, was wir mit entsprechend gutem Grund<br />

Wirklichkeit zu nennen uns angewöhnt haben (Baecker 1999:64). 124<br />

124 Aus Sicht von Reckwitz sind der Konstruktivismus der Theorie sozialer Systeme und der<br />

Beobachterrelativismus die provokanteste Kernidee in Luhmanns Theorie sozialer Systeme.<br />

Dieses Element modernen Denkens teilt die Theorie sozialer Systeme mit den<br />

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