30.12.2013 Aufrufe

Organisationsgebundene pädagogische Professionalität - Budrich

Organisationsgebundene pädagogische Professionalität - Budrich

Organisationsgebundene pädagogische Professionalität - Budrich

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Theoretisches Konstrukt<br />

Träger einer Praktik – ihre Sinngrundlage – ist nicht eingeengt auf eine<br />

mentale Struktur, sondern liegt im impliziten, situativ mobilisierten und<br />

in den Akten der Praktik ausgedrückten kollektiven Wissen.<br />

2. Die basale Ebene einer jeden Praktik ist eine körperliche performance –<br />

die regelmäßige kompetente Bewegung des Körpers. Indem man auf eine<br />

bestimmte Art lernt, den Körper zu bewegen, erwirbt man eine Praktik.<br />

Dies gilt auch für intellektuell anspruchsvolle Tätigkeiten wie Lesen,<br />

Schreiben und Sprechen – auch sie sind leiblich.<br />

3. Konstitutiver Bestandteil der sozialen Praktik sind Artefakte, die<br />

kompetent gehandhabt werden – sie sind Voraussetzung dafür, dass<br />

Bewegungs- und Verstehensformen entstehen und reproduziert werden.<br />

Mediennutzende Lehrende und Lernende bauen durch den Gebrauch der<br />

Techniken Dispositionen auf. Praktiken des Lehrens und Lernens haben<br />

außer ihrer interaktiven Struktur auch eine interobjektive Struktur, die<br />

auf dem routinisierten Umgang mit den Artefakten beruht (Reckwitz<br />

2003a:293).<br />

4. Praktiken sind kulturell kontingente und historische Komplexe des<br />

Handelns, die sich wandeln. Artefakte und Praktiken des Lehrens und<br />

Lernens ändern sich beständig. Das nachberufliche Weiterlernen hat sich<br />

als Komplex sozialer Praktiken historisch ausgebildet. Neue Praktiken –<br />

beispielsweise das Selbstlernen Erwachsener – sind<br />

„Sinnverschiebungen“ in einem Komplex von Praktiken.<br />

5. Der Vollzug sozialer Praktiken verlangt von den Trägern der Praktik<br />

beständig ein interpretatives Verstehen angesichts der interpretativen<br />

Mehrdeutigkeit und der Unsicherheit von Handlungssituationen. Genau<br />

dies ermöglicht auch das Durchbrechen von Routinen.<br />

Es ist nicht neu, <strong>pädagogische</strong>s Handeln als konventionelles Handeln oder<br />

routinisiertes Handeln zu beschreiben, um zu erklären, dass das <strong>pädagogische</strong><br />

Handeln Einzelner auch aus den nicht absichtsvollen, nicht begründbaren,<br />

d. h. regelgeleiteten Handlungen besteht (Dewe 2005:25; Baacke 1984:160,<br />

S. Kade 1990:62). Der sozialtheoretische Begriff der sozialen Praktik ist voraussetzungsreicher<br />

und auch weitgehender, als das bisherige erziehungswissenschaftliche<br />

Vokabular es war.<br />

Eine Praktik ist weder identisch mit einer Handlung noch mit bloßem Verhalten: Praktiken<br />

enthalten in sich Handlungsakte, die wiederholt hervorgebracht werden, aber während das<br />

Konzept der „Handlung“ sich punktuell auf einen einzigen Akt bezieht, der als intentionales<br />

Produkt eines Handelnden gedacht wird, ist eine Praktik von vornherein sozial und kulturell,<br />

eine geregelte, typisierte, von Kriterien angeleitete Aktivität, die von verschiedensten<br />

Subjekten getragen wird. Wenn die Handlung per definitionem eine Intention<br />

impliziert, enthält die Praktik von vornherein einen Komplex von Wissen und Dispositio-<br />

128

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!