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Organisationsgebundene pädagogische Professionalität - Budrich

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Theoretisches Konstrukt<br />

selbst nicht eigens thematisiert, und folglich gibt es auch keinen Anlass, das<br />

Wissen abzulehnen. Nach Baecker läuft die Explizierung des Wissens in<br />

Kommunikation darauf hinaus, „es der Ablehnung auszusetzen“ (Baecker<br />

1998:10). Systemtheoretisch betrachtet ist es deshalb wahrscheinlich, dass<br />

Wissen abgelehnt wird, weil Wissen nicht unabhängig davon existiert, wie<br />

Organisation Realität konstruiert (ebd. im Rückgriff auf Weick 1995). Mit<br />

dem Wissen ist immer schon eine Bewertung aktueller Zustände in Bezug auf<br />

einen Wissensbedarf verbunden, die nicht geteilt werden muss. Die Wissensauswertung<br />

ist nach Baecker ein entscheidender Tatbestand, weil sie „von<br />

den je aktuellen Zuständen eines Kommunikationsnetzwerkes abhängig ist<br />

und dieses Netzwerk darüber bestimmt, welches Wissen zum Zuge kommt<br />

und welches nicht“ (ebd.). Die Ablehnung von Wissen ist ein Akt, mit dem<br />

sich eine Organisation vor der Zumutung schützt, „anderes für relevant zu<br />

halten, andere zu Wort kommen zu lassen und sich auf andere Grundlagen zu<br />

stellen“ (ebd.:12). Die Ablehnung von Wissen ist eine Möglichkeit, sich der<br />

eigenen Kultur zu vergewissern.<br />

Eine weitere und grundlegende Paradoxie ist, dass die charakteristische<br />

Leistung von Organisation ihre Fähigkeit zur Absorption von Ungewissheit<br />

ist – die Kommunikation von Wissen aber den Zweifel markiert (ebd.). Das<br />

Wissen in Organisationen steht unter der Anforderung, Anschlussentscheidungen<br />

zu erleichtern statt zu erschweren. Deswegen bleibt aus Sicht von<br />

Baecker „das Ausmaß, in dem jede einzelne Entscheidung auf ein spezifisches<br />

Wissen rekurriert, eher verborgen. Wenn es mitkommuniziert wird,<br />

läuft man Gefahr, dass man am Wissen zweifeln muss, selbst wenn man an<br />

der Entscheidung nicht zweifeln will.“ (ebd.:16).<br />

Die Organisation des Wissens ist also unter zwei Gesichtspunkten zu sehen:<br />

die Wahrscheinlichkeit, dass Wissen abgelehnt wird, sowie die Leistung<br />

der Organisation, Ungewissheit zu absorbieren. Nach Baecker muss das Wissen<br />

deshalb in eine organisationstypische Form gebracht werden (Baecker<br />

1998:16). Das organisationstypische Wissen kommt dort zum Zuge, wo es<br />

um eine Verknüpfung von Entscheidung mit vorhergehenden und zukünftigen<br />

Entscheidungen geht. Das Wissen muss eine Form haben, die die Annahmewahrscheinlichkeit<br />

der Entscheidung erhöht. Es soll nicht die Entscheidung<br />

belehren, sondern die Brauchbarkeit jeder Entscheidung absichern<br />

(ebd.:17). Mit der Ungewissheit des Wissens weiß eine Organisation nichts<br />

anzufangen. „Wissen ist Anhaltspunkt für richtiges Entscheiden“ (ebd.:17).<br />

Organisationen gehen mit dem Wissen, „das in den Verhältnissen steckt“<br />

(ebd.:10), pragmatisch um. Beispielsweise kann das Programmplanungshandeln<br />

ein Zertifikat in Aussicht stellen, ohne in Gänze fachsystematisch über<br />

das Zertifikatswesen in der Weiterbildung informiert zu sein. Das heißt, dass<br />

das Wissen, das in den Verhältnissen steckt, „zwangsläufig bekannt und unbekannt<br />

zugleich ist“ (ebd.).<br />

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