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Organisationsgebundene pädagogische Professionalität - Budrich

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Zonen der Transformation<br />

34). „Die Eswelt hat einen Zusammenhang im Raum und in der Zeit. Die<br />

Duwelt hat in Raum und Zeit keinen Zusammenhang. Das einzelne Du muß,<br />

nach Ablauf des Beziehungsvorgangs, zu einem Es werden. Das einzelne Es<br />

kann, durch Eintritt in den Beziehungsvorgang, zu einem Du werden“<br />

(ebd.:33, Hervorh. i. O.). 250 Aber nur das Gegenwärtige ist für Buber das<br />

Wirkliche: „Alles wirkliche Leben ist Begegnung“ (ebd.:12). Die Eswelt der<br />

Erfahrung hat den Charakter von Orientierungswissen und darf nicht mit der<br />

Wirklichkeit verwechselt werden.<br />

Beucke-Galm interpretiert Bubers Unterscheidung zwischen der Eswelt<br />

(Welt der Orientierung) und der Duwelt (In-Beziehung-Sein und dadurch<br />

Teilhabe an Wirklichkeit gewinnen) für den Organisationskontext:<br />

Der Mensch hat mit Wirklichkeit nur zu tun, wenn er sie als Geschehen auffasst, das ihm<br />

immer nur von Augenblick zu Augenblick zugänglich ist. „Wer in Beziehung steht, nimmt<br />

an einer Wirklichkeit teil, d. h. an einem Sein, das nicht bloß an ihm und nicht bloß außer<br />

ihm ist. Alle Wirklichkeit ist ein Wirken, an dem ich teilnehme, ohne es mir einen zu können.<br />

Wo keine Teilnahme ist, ist keine Wirklichkeit. Wo Selbstzueignung ist, ist keine<br />

Wirklichkeit (Buber 1984:65).<br />

Buber macht darauf aufmerksam, dass die Welt der Orientierung und die Welt der Wirklichkeit<br />

nie kohärent werden können, sondern immer in einem Spannungsfeld zueinander<br />

stehen. Wir können die Wirklichkeit sehen, wenn wir aus unserem Koordinatensystem heraustreten.<br />

Das ist im Dialog möglich (Beucke-Galm 2003: 188). 251<br />

Beucke-Galm hebt hervor, dass es sich beim dialogischen Gespräch in einem<br />

Organisationskontext um eine soziale Selbstreflektion in sozialen Strukturen<br />

handelt, die nicht psychische Strukturen und das biografische Gewordensein<br />

der beteiligten Personen fokussiert. Die soziale Reflektion als Interaktionsgeschehen<br />

ist für Organisationen wichtig, weil Organisation (als sozialer Mechanismus<br />

von Koordination) die Funktion hat, Koordinatensysteme zur Ori-<br />

250 Buber unterscheidet zwei Grundworte: Ich-Du und Ich-Es. Der Mensch spricht entweder<br />

Ich-Du – oder er spricht Ich-Es. Im Verlauf dieser Forschungsarbeit wurde an unterschiedlichen<br />

Stellen auf den Begriff ‚Welt’ rekurriert – nämlich auf den Weltbegriff in<br />

Wittgensteins Sprachphilosophie, die die jeweils gegebene Lebensform durch ein zugehöriges<br />

Sprachspiel bestimmt (I 3) und folglich zu dem Schluss kommt, dass die Grenze<br />

meiner Sprache auch die Grenze meiner Welt sei. Schapp konzeptualisierte Welt als<br />

meine/unsere Verstrickung in Geschichten (II 2.4.3). An dieser Stelle verändert sich die<br />

Begrifflichkeit erneut, denn erstmals wird die Unterscheidung zwischen der zeitlich<br />

befristeten Duwelt, die in der Ich-Du-Beziehung konstituiert ist, und der in Raum und Zeit<br />

verankerten Ich-Es-Welt unterschieden. Reflexionslogisch betrachtet, handelt es sich um<br />

zwei Kontexturen, die nicht aufeinander rückführbar sind.<br />

251 Als Konsequenz der eigenen dialogischen Philosophie hat Buber von sich gesagt: „Ich habe<br />

keine Lehre. Ich zeige nur etwas. Ich zeige Wirklichkeit, ich zeige etwas an der<br />

Wirklichkeit, was nicht oder zu wenig gesehen worden ist. Ich nehme den, der mir zuhört,<br />

an der Hand und führe ihn zum Fenster. Ich stoße das Fenster auf und zeige hinaus. Ich<br />

habe keine Lehre, aber ich führe ein Gespräch“ (Buber 1962, aus einer philosophischen<br />

Rechenschaft zitiert nach Muth 1998:184).<br />

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