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Organisationsgebundene pädagogische Professionalität - Budrich

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Forschungsprofil<br />

als Reichtum, der Innovationen, reflexive Relativierungen und Verbindungen nach außen<br />

ermöglicht (Wimmer 2002:117). 30<br />

Der Zugewinn einer kulturwissenschaftlichen Perspektive liegt darin, dass sie<br />

dazu anregt, Differenz zu bearbeiten, anstatt sie zu reduzieren.<br />

Denn Kultur ist im Unterschied zum Geist, zum Menschen, zur Gesellschaft kein homogenes<br />

Sinnzentrum, das einer Struktur die Identität verleiht, sondern Kultur ist a priori in sich<br />

different und plural (Wimmer 2002:118).<br />

Da der Kulturwissenschaft kein spezifischer Objektbereich entspricht, eignet<br />

sie sich als interdisziplinärer Rahmen einer heterogenen Praxiswissenschaft.<br />

Weil ihr kein spezifischer Objektbereich entspricht, kann Kulturwissenschaft als interdisziplinärer<br />

Rahmen einer Praxiswissenschaft fungieren, denn gerade weil sie an interpretativen<br />

und diskursanalytischen Verfahren orientiert ist und als soziale Praxis der Bedeutungsgenerierung<br />

angesehen werden kann, ist sie auch der Ort für Analyse der Wirksamkeit der<br />

Symbole, symbolischer Subsysteme und Handlungen auf die Subjekte, mithin auch <strong>pädagogische</strong>r<br />

Interaktionen und Institutionen.(ebd.)<br />

Wimmer wählt den Begriff ‚Praxiswissenschaft’. Damit erweitert er das<br />

Selbstverständnis der Erziehungswissenschaft, die sich als eine Professionswissenschaft<br />

für Lehrerinnen und Erzieher konstituierte, und schließt heterogene,<br />

alltagsgebundene wie funktional didaktisierte, kulturell und institutio-<br />

30 Die kulturwissenschaftliche Wende der Erziehungswissenschaften läuft darauf hinaus, dass<br />

die Wissenschaften den übergreifenden cultural turn der Sozialwissenschaften mitvollzieht.<br />

Der „cultural turn“ hat vier Dimensionen (Reckwitz 2000:22): „Die konzeptionelle<br />

Verschiebung in den Sozialwissenschaften des letzten Drittels des 20. Jahrhunderts in<br />

Richtung kulturwissenschaftlicher und kulturtheoretischer Perspektiven findet nicht auf<br />

einer einzigen, sondern auf vier verschiedenen theoretischen Abstraktionsebenen statt, die<br />

man nicht völlig trennscharf voneinander unterscheiden kann: 1 auf der Ebene der<br />

Wissenschafts- und Erkenntnistheorie der Sozialwissenschaften; 2 im Bereich der<br />

sozialwissenschaftlichen Methodologie; 3 in den empirischen Forschungsinteressen; 4<br />

zuletzt und vor allem auf der Ebene der Sozialtheorie. Auf allen vier Ebenen wird<br />

kollektiven Sinnsystemen ein neuer, zentraler Stellenwert beigemessen: Die Sozialwelt<br />

scheint selbst konstituiert durch kollektive Sinnsysteme (4), die dann bevorzugter<br />

Gegenstand empirischer Studie werden (3). Die Wissenschaft stellt sich schließlich<br />

gleichfalls als eine sozial hergestellte, symbolische Ordnung dar (1), deren methodisches<br />

Problem darin besteht, die Sinnmuster der Sozialwelt angemessen zu rekonstruieren (2)<br />

(Reckwitz 2000:22). Der cultural turn leistete eine Kritik an der empiristischen<br />

Vorannahme der Korrespondenz von Theorie und einer unabhängig von ihr zu denkenden<br />

äußeren Realität. Wissenschaftliche Theorien registrieren und bilden Realität demzufolge<br />

nicht ab, sondern sie produzieren erst die Bedeutungen auf kontingente Weise, die sie<br />

beobachtend an die Wirklichkeit herantragen. „Indem Theorien als Systeme von Begriffen<br />

‚bedeutungsholistisch’ strukturiert sind, ergibt sich der Sinn einzelner Theorieelemente<br />

nicht aus einer Wiedergabe der ‚Tatsachen’, sondern aus dem Stellenwert des<br />

Theorieelements im Kontext des theoretischen Gesamtsystems“ (ebd.:23). Jetzt wird<br />

epistemologisch interessant, wie wissenschaftliche Theorien begriffliche Unterscheidungen<br />

treffen und damit Zusammenhänge für wirklich halten.<br />

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