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Organisationsgebundene pädagogische Professionalität - Budrich

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Theoretisches Konstrukt<br />

Lernwiderstand gegenüber dem Lerngegenstand zum Ausdruck bringt. Im Namen<br />

der Teilnehmerorientierung initiiert sie daraufhin am nächsten Trainingstag<br />

ein Reflexionsgespräch. Daraus ergibt sich eventuell eine neue Figuration der<br />

bisher praktizierten Lernorganisation.<br />

Nehmen wir an, die Trainerin erfährt, dass der Inhalt des anberaumten Trainings<br />

einzelnen Teilnehmerinnen bereits bekannt war. Sie flexibilisiert daraufhin<br />

ihre Unterrichtsstrategie und individualisiert Lernwege. Die Teilnehmenden erhalten<br />

unterschiedliche Lernmaterialien. Damit würde erkenntlich, dass enactment<br />

solche Momente des Handelns erfasst, die in eine bestehende Ordnung eingreifen<br />

und sie verändern. Der Fall kann aber auch ganz anders liegen: Die<br />

Teilnehmer hatten als Entschuldigung angeführt, dass sie gerne pünktlich gekommen<br />

wären, aber erst noch den Raum suchen mussten. Im Namen des Qualitätsmanagements<br />

macht die Trainerin deshalb bei der Verwaltung geltend, wie<br />

Teilnehmer im Falle dass kurzfristig Räume gewechselt werden, informiert werden<br />

sollen. In beiden Fällen greift sie akzentuierend in eine Ordnung ein und<br />

etabliert eine Geltung, die dann wirksam wird, wenn wie im ersten Fall die Teilnehmer<br />

auf den Vorschlag, den Lernprozess zu reflektieren, resonant reagieren,<br />

oder wenn, wie im zweiten Fall, die Verwaltung den Fehler anerkennt und zusagt,<br />

ihn zukünftig zu vermeiden. Die Trainerin kann sich aber nicht sicher sein,<br />

ob die Adressaten, Adressatinnen die an die Teilnehmenden bzw. die Mitarbeitenden<br />

der Verwaltung adressierten enactments praktisch gültig machen. Wie<br />

auch immer, vielleicht überraschen sie immerhin und lösen einen neuen Prozess<br />

der Sinnstiftung aus.<br />

Die Geschichte ist noch nicht zu Ende gekommen. In einer Teamsitzung erzählt<br />

die Trainerin von den Vorkommnissen, davon, was sie überrascht hat, was<br />

daraus gefolgt ist, wie alles zusammenhängt und wie es ausgegangen ist. Für ihre<br />

Kollegen und Kolleginnen ist die Geschichte in dieser Situation hochbedeutungsvoll.<br />

Andere Geschichten ergänzen, bestätigen und erweitern das Bild: Ein intersubjektiver<br />

Prozess der Bedeutungsgenerierung ist in Gang gekommen. Nehmen<br />

wir jetzt noch an, dass generische Bedeutung ins Spiel kommt. (Was sagt die<br />

Theorie? Wie wird das Problem in anderen Organisationen gelöst? Welche anderen<br />

Lösungen wurden in der Bildungsorganisation schon mit welchem Ergebnis<br />

praktiziert?) Nun wird die Geschichte durch Vorstellungen von Konzepten<br />

selbstorganisierten Lernens gerahmt. Die Individualisierung von Lernwegen erhält<br />

eine allgemeine Bedeutung für die Steuerung der Lernkontexte. Und nehmen<br />

wir jetzt noch an, es wird die an dem Fall generierte Bedeutung entschieden, dann<br />

wird sie als „Regel“ auch zukünftig Möglichkeiten eröffnen, die Geltung und<br />

Entscheidung der Regel zu kommunizieren (im Zusammenhang von Anträgen,<br />

Veranstaltungsorganisation, Programmplanung usw.). Die generische Bedeutung<br />

ist dann als ‚etablierte Umwelt’ der Koordination von Handlungen einer kollektiven<br />

Struktur zuzurechnen, wenn Akteure daran anschließen, die an der Generierung<br />

der Bedeutung nicht beteiligt waren. Hier liegt die organisationstheoreti-<br />

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