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Organisationsgebundene pädagogische Professionalität - Budrich

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Fallstudie<br />

Handlungspraxis und an die Existenz der Handlungspraxis gebunden ist. Das<br />

Verstehen gründet in der primordialen Sinnebene der habituellen Praxis – es<br />

bedarf keiner kommunikativen Beziehung, keiner wechselseitigen Interpretation.<br />

Die dokumentarische Methode zielt darauf, auf der Grundlage des atheoretischen,<br />

existenzgebundenen Wissens den Habitus eines Erfahrungsraums<br />

zu rekonstruieren – bzw. die Performativität des habituellen Handelns, das in<br />

einer Gruppendiskussion oder in einem Gespräch zum Ausdruck kommt.<br />

Mannheim grenzt die konjunktive Erfahrung von der kommunikativen<br />

Erfahrung ab.<br />

Diejenigen, die durch gemeinsame Erlebniszusammenhänge miteinander verbunden sind,<br />

die zu einem bestimmten „Erfahrungsraum“ gehören, verstehen einander unmittelbar. Sie<br />

müssen einander nicht erst interpretieren. Damit verbunden sind zwei fundamental unterschiedliche<br />

Modi der Erfahrung bzw. der Sozialität: die auf unmittelbarem Verstehen basierende<br />

„konjunktive“ Erfahrung und die in wechselseitiger Interpretation sich vollziehende<br />

„kommunikative“ Beziehung. Über die Differenz zwischen beiden Modi der Erfahrung<br />

verfügt die Ethnomethodologie nicht und so kann sie auch keine fundierenden Strukturen<br />

rekonstruieren (Bohnsack 2007a:59f).<br />

Fundierende Hintergrundstrukturen lassen sich als wechselseitige Steigerung<br />

der Redebeiträge in einer Gruppendiskussion auffinden, denn die Kollektivvorstellungen<br />

werden durch die Individuen einer Gruppendiskussion in ihrem<br />

Zusammenspiel vollzogen (Bohnsack 2007:42).<br />

Es sind die Gruppen selbst, die uns zeigen, wo das jeweilige Zentrum, der jeweilige Fokus<br />

ihres gemeinsamen Erlebens und damit der Kollektivität zu suchen ist, von dem sich dann<br />

der Erfahrungsraum der Gruppe, der Kollektivität am sichersten interpretieren lässt<br />

(Bohnsack 2007a:42).<br />

Zieht man die Unterscheidung zwischen Verstehen und Interpretieren heran,<br />

die Mannheim trifft, so ist zu überlegen, ob und wie (Bildungs-)Organisation<br />

im Sinne konjunktiver existenzgebundener Erfahrungsräume von Gruppen<br />

beschrieben werden kann. Bei einzelnen Communities of Practice (das Team<br />

des offenen Bereichs eines Jugendfreizeitheims; alle Trainerinnen eines<br />

Teams, die gemeinsam ein IT-Fortbildungsprogramm verantworten) und sogenannten<br />

stabilen Belegschaften einer Bildungsorganisation, die ihre geschichtliche<br />

Entwicklung als einen unmittelbaren Erlebniszusammenhang<br />

teilen, kann man davon ausgehen, dass die Bildungsorganisation auch als ein<br />

konjunktiver existenzgebundener Erfahrungsraum „existiert“: Die Generation<br />

der Gründer ist ein Stück des Lebensweges gemeinsam gegangen und teilt<br />

die Erlebnisse der Aufbauphase der Weiterbildungseinrichtung; die Mitarbeiterinnen<br />

eines Bildungsprojekts gehören selbst dem Millieu ihrer Adressaten<br />

an, für die sie Weiterbildung organisieren und realisieren.<br />

Organisationen, die zwischen ihren Mitgliedern dauerhafte gemeinschaftliche<br />

Beziehungen stiften, die Familien oder Peergruppen ähneln, können im<br />

Sinne konjunktiver existenzgebundener Erfahrungsräume beschrieben wer-<br />

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