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I. Literatur

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Schwyzer Komponist Otmar Schoeck gehörte zum Freundeskreis von Ilona Durigo und Hesse – „Mir hingegen<br />

ist auch diese schöne u. geliebte Welt einigermaßen weggerückt(?) u. unwesentlicher geworden – so wie Dinge, die<br />

an der Peripherie des Sehfeldes liegen. Was für neue Zeichen u. Werte sich finden werden, weiß ich nicht. Ich weiß bloß,<br />

die bisherigen wärmen u. sättigen mich nimmer, ich stehe hungernd von den üppigsten Tafeln auf. Und ich fange das<br />

Leben u. Tun u. Schaffen nicht wieder an, ehe ich die neuen Zeichen deutlicher sehen kann. Sie stehen noch auf fernen<br />

Bergen in lauter Wolken, aber sie sind da, u. es besteht ein Magnetismus zwischen ihnen u. mir…<br />

In dem kleinen Buch ‚Am Weg’ steht ein ‚Märchen’. Genau wie es dort steht so ist seit 2 ½ Jahren meine innere Situation,<br />

u. ich will aus diesem Boot nicht aussteigen ich ich [sic] den Sinn der Nachtfahrt erlebt habe…“<br />

„Ich laufe nun schon 2 Monate in Basel herum“<br />

242 HESSE, HERMANN, 1877-1962. L.A.S. „H H“. Basel „Hotel Krafft“ 29.I.1924. 1 Einzelblatt gr.-4°, die<br />

Vorderseite beschrieben. Vorliniertes Papier, kurze Einrisse in der Faltung. (CHF 1’200.00)<br />

Ebenfalls an Schädelin, der als einziger ein neu erschienenes Buch Hesses bestellt hatte. Hesse schreibt von<br />

seinem wachsenden Leiden an der europäischen Kultur.<br />

„… Von meinen paar nahen persönlichen Freunden, denen ich meine Buchanzeige zusandte, bist Du der einzige der das<br />

Buch bestellt hat. Meinen Dank dafür drücke ich Dir dadurch aus, daß ich Dir das Büchlein als Geschenk sende denn natürlich<br />

will ich kein Geld von Dir. Deinen Wunsch es möge aus lauter Eheglück meine geistige Produktion aufhören,<br />

werde ich vielleicht später<br />

einmal erfüllen. Zunächst ist<br />

mein äusseres Schicksal u.<br />

meine seelische Spannung<br />

gegen die Umwelt noch<br />

immer so verzweifelt u. leidvoll<br />

daß ich nicht wüsste wie<br />

ich ohne gelegentlichen Trost<br />

der Produktivität das Leben<br />

sollte ertragen können…<br />

Ich laufe nun schon 2 Monate<br />

in Basel herum, künstlich<br />

im Gang erhalten durch beständige<br />

Behandlung bei<br />

Arzt u. Masseur, u. war wenigstens<br />

über das eine froh<br />

dass ich, nach vier durchfrorenen<br />

Wintern, stets ein<br />

warmes Zimmer hatte. Im<br />

Übrigen ist die Stadt mir<br />

völlig fremd geblieben; jenes<br />

tötende Gefühl mit dem ich<br />

seit meinem innern Erwachen<br />

unserer ganzen ‚Kulturwelt’<br />

gegenüberstehe,<br />

nämlich daß der ganze Kram<br />

mich nichts angeht u. mir<br />

fremd ist wie der Nordpol<br />

…Im Frühling wenn ich<br />

wieder in Montagnola bin,<br />

wird es hierin leichter<br />

sein…“<br />

Hesse hatte am 11. Januar<br />

1924 in Basel Ruth Wenger<br />

geheiratet. Die Ehe wurde<br />

bereits 1927 wieder geschieden.<br />

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