I. Literatur

58 CANETTI, ELIAS, aus Bulgarien gebürtiger deutschsprachiger Schriftsteller, erhielt 1981 den Nobelpreis,
1905-1994. L.A.S. O.O. 18.X.1979. 1 Einzelblatt kl.-4°, die Vorderseite eng beschrieben.
(CHF 1’800.00)
An eine Verehrerin in Marbach, der er entgegen seiner Gewohnheit und angerührt durch ihr Schicksal, über
sein Leben und auch über sein Hauptwerk „Masse und Macht“ Auskunft gibt.
„…Es ist nicht ganz so, wie Sie denken, seit dem Erscheinen der ‚Geretteten Zunge’ kommen Hunderte von Briefen; da
ich an der Lebensgeschichte weiter schreibe und auch sonst sehr viel arbeite, ist es mir einfach unmöglich, sie zu beantworten.
Dieses eine Mal möchte ich aber doch antworten: Sie sollen wissen, dass Ihr Brief mich erreicht hat und dass ich
beeindruckt bin von Ihrem schweren Schicksal und auch davon, dass Sie es gemeistert haben.
Ihre Fragen kann ich aber nicht alle beantworten … An mein wissenschaftliches Hauptwerk ‚Masse und Macht’ habe ich
mehr als zwanzig Jahre meines Lebens gewandt. Das sollen Sie aber nicht lesen, das erfordert noch viel mehr Geduld als
die ‚Blendung’. Ohne die Hilfe meiner Frau, die ein ganz ungewöhnlicher Mensch ist, fände ich nicht die Kraft, in meinem
Alter, da Krankheiten und Gebrechen immer häufiger werden, die Arbeit fortzusetzen.
Ich muss mich dazu an einen Ort zurückziehen, dessen Adresse nur meinem Verleger bekannt ist und die niemand sonst
erfährt. So kann man sich das bisschen Kraft, das man noch hat zusammensparen, um weiter zu schreiben …“
Eine Kopie des Briefes an Canetti liegt bei.
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