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I. Literatur

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Kraus in scharfen Worten polemisiert: „… Gefallen zur Hebung des Fremdenverkehrs! Keine Heiterkeit, die sonst mit<br />

den Hanswurstiaden unserer Fremdenverkehrssehnsucht verbunden bleibt, dämpfe das Grauen dieser Idee … Meine Metapher<br />

ist wahr geworden: Wir lugen, schrieb ich, noch auf Leichenfeldern nach einem Fremdenverkehr und wir können<br />

es uns nicht versagen, schrieb ich, die endlich herankommenden Hyänen zu würzen. Nun wird es mir buchstäblich erfüllt!<br />

… Denn nie, solange ich Atem habe, werde ich zugeben, daß mir meine Freunde getötet wurden, damit einer aus<br />

Berlin, der daran verdient hat, ihre Gräber besichtigen käme und Geld unter die Leute komme…“<br />

Kraus hatte seine Rede am 11.XI.1917 erstmals gehalten. Im Anschluß an die Vorlesung schrieb er an Sidonie<br />

von Nádherny: „... Die Vorlesung ... Nun ist sie vorbei, und die Wirkung jener so wichtigen, unaufschiebbaren<br />

Rede (‚Verständigungsfrieden’, Czernin etc.) hat alles übertroffen. Der Saal war ganz starr und fand sich<br />

dann in einer Raserei, wie ich sie noch nie gehört habe ...“.<br />

Kraus überarbeitete den Text anschließend für den Abdruck in der ‚Fackel’, wo er am 15. Oktober 1918 erschien.<br />

1919 nahm Kraus die Rede in den ersten Band der Sammlung ‚Weltgericht’ auf.<br />

„Hat er auch sich, nicht nur die Welt geplagt?“<br />

298 KRAUS, KARL, 1874-1936. Eigenhändiges Gedicht, am Kopf bezeichnet „Franz Joseph“. 21 Verse, mit<br />

einigen Streichungen. [1920]. 1 Einzelblatt gr.-8°, die Vorderseite beschrieben. Schwach fleckig.<br />

(CHF 5’000.00)<br />

„Franz Joseph<br />

Wie war er? War er dumm? War er gescheit?<br />

Wie fühlt’ er? Hat es wirklich ihn gefreut?<br />

War er ein Körper? War er nur ein Kleid?<br />

War eine Seele in dem Staatsgewand?<br />

Formte das Land ihn? Formte er das Land?<br />

Wer, der ihn kannte, hat ihn auch gekannt?<br />

Trug ein Gesicht er oder einen Bart?<br />

Von wannen kam er und von welcher Art?<br />

Blieb nichts ihm, nur das Wesen selbst erspart?<br />

War die Figur er oder nur das Bild?<br />

War er so grausam wie er altersmild?<br />

Zählt’ er Gefallne wie erlegtes Wild?<br />

Hat er’s erwogen oder frisch gewagt?<br />

Hat er auch sich, nicht nur die Welt geplagt?<br />

Wollt’ er die Handlung oder bloß den Akt?<br />

Wollt’ er den Krieg? Wollt’ eigentlich er nur<br />

Soldaten und von diesen die Montur,<br />

von der den Knopf nur? Hatt’ er eine Spur<br />

von Tod und Liebe und vom Menschenleid?<br />

Nie prägte mächtiger in ihre Zeit<br />

jemals ihr Bild die Unpersönlichkeit.“<br />

Vermutlich Satzvorlage für den Druck in der Fakkel<br />

Nr. 551, XXII Jahr, August 1920, S. 18f.<br />

Darunter – mit der Überschrift „Erzherzog Friedrich<br />

/ Heroischer Vers“ – und ebenfalls mit einer Streichung<br />

und Korrektur: „Als er, im Kino geschah’s, sie<br />

da fallen sah, rief er: Bumsti!“<br />

Kraus arbeitete in veränderter Form die Anekdote<br />

in die „Letzten Tage der Menschheit“ ein (in der<br />

Erstausgabe: dritter Akt, 16. Szene: im Kinotheater<br />

des Hauptquartiers, S. 260).<br />

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