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I. Literatur

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Lieber Herr Doktor, – den Irrtum um diesen [Path]osreisenden mit der käsigen Moral und der gerissenen Verdrehungskunst<br />

(warum heisst er nicht Anton Dreher?): lieber Heinrich Simon, Sie können, können, können das nicht mitmachen…“<br />

Kerr und Kraus waren bereits 1911 aneinander geraten. 1928 kam es erneut zu einem Konflikt mit Kraus, der<br />

dem Pazifisten Kerr dessen Kriegsgedichte vorhielt. Beide Schriftsteller zogen vor Gericht, zogen ihre Anklagen<br />

aber zurück: Kerr weil er realisierte, daß sein Ansehen leiden würde, Kraus weil er die Chance sah, durch<br />

die Veröffentlichung der „Akte Kerr“ in seiner ‚Fackel’ (September 1928) Kerr ungehindert vorzuführen. Eine<br />

ebenfalls in der ‚Fackel’ angekündigte ‚Antwort und Abfuhr’ Kerrs erschien nie, der Streit zog sich hin.<br />

„Ich kenne Sie ...“<br />

283 KERR, ALFRED, 1867-1948. L.A.S. Berlin o.D. 1 S. gr.-4°. Auf Hotelbriefbogen. Kleine Einrisse. Linker<br />

Rand beschnitten. (CHF 300.00)<br />

An (die Sängerin Marya Freund).<br />

„... ich bedaure zweierlei: daß ich Sie jetzt verfehlt habe; und daß am Freitag verschiedne Premiéren sind. Ich kenne Sie:<br />

aus Ahnungen meiner schlesischen Kindheit; aus Erzählungen von Georg Henschel“ (der deutsch-englische Dirigent<br />

und Komponist Sir George H.), „in Aviemore; und aus Ihrem prachtvollen Ruf. Endlich aus einem Zusammensein<br />

mit Ihrem reizenden Sohn ...<br />

Erlauben Sie mir, entfernte Cousine, Ihre Hand zu küssen. (Jetzt, nach dem Theater) ...“<br />

284 KISCH, EGON ERWIN, aus Prag stammender, deutschsprachiger Schriftsteller und Journalist , der<br />

„rasende Reporter“, 1885-1948. L.A.S. Berlin 16.III.1930. 1 Einzelblatt folio, beidseitig beschrieben.<br />

(CHF 400.00)<br />

136<br />

Vergnügt-sarkastische Antwort auf die Kritik eines (vermutlich in Amerika lebenden) Bekannten an seinem<br />

Buch ‚Paradies Amerika’, das eben erschienen war.<br />

„… Aber zugegeben, dass der Durchschnittslohn und die Aufstiegsmöglichkeit in U.S.A. besser wäre, von ‚geistiger’<br />

Gleichheit dürfen Sie nicht reden! Jeder Schuljunge in Russland weiss mehr von <strong>Literatur</strong>, Nationalökonomie, Kunst,<br />

Politik, Wissenschaft als ein amerikanischer Durchschnittsprofessor.<br />

Gewiss, es ist eine Wissenschaft<br />

und eine Politik, die Sie ablehnen, es ist der Marxismus,<br />

es sind die Verhandlungen der Komintern, es<br />

ist Maxim Gorkij oder Meyerhold oder der Film-Eisenstein<br />

oder die ‚Prawda’, – aber das Interesse ist<br />

doch ungeheuer, lebhaft, fundiert, während in<br />

U.S.A. das Gladiatorentum blüht, wie im alten Rom:<br />

man hält sich Politiker, man hält sich Sportleute,<br />

man hält sich Zeitungen aus, auf die das Volk im<br />

Grunde nicht den geringsten Einfluss nimmt. Ja,<br />

sogar die Gesetze, die sie beschliessen, lehnt man fast<br />

100prozentig ab, (Prohibition z.B.) ohne sie (Gesetze<br />

und Gesetzgeber) darum ändern zu können.<br />

Nein, Russland kann man nicht mit Amerika in<br />

einen Topf werfen, auch wenn man kein ‚ekelhafter<br />

Kerl’ wäre. Aber darüber müsste man lange sprechen,<br />

und dieser Brief sollte ja nichts weiter, als<br />

Ihnen über Rasse und Weltanschauung und Ozean<br />

hinüber bestens zu danken…“<br />

1928/29 hatte Kisch eine mehrmonatige Reise<br />

durch die USA unternommen. Er schrieb auf<br />

dieser Reise eine Reihe von Reportagen unter<br />

dem Pseudonym Dr. Becker (!), die er 1930 unter<br />

dem Titel ‚Paradies Amerika’ veröffentlichte.<br />

Zuvor war 1927 sein Buch ‚Zaren, Popen und<br />

Bolschewiken’ erschienen.

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