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I. Literatur

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„Ähnlichkeit mit meinem Freunde F“<br />

44 BROD, MAX, 1884-1968. Eigenhändiges Manuskript, bezeichnet „Begegnung“, mit Namenszug am<br />

Kopf. 2 1/4 S. 4°. Leicht gebräunt; drei (Durch-)Schnitte hinterlegt. (CHF 800.00)<br />

Satzvorlage für einen Beitrag im „Berliner Tageblatt“, in dem Brod die Begegnung mit einem „jungen karpathorussischen<br />

Bergjuden“ schildert, der seinem Freund Franz Kafka ähnelte. Beginnt:<br />

„Eine Reise zu einem praktisch sehr bestimmten und doch abenteuerlichen Zweck hatte mich in ein Karpathendorf verschlagen.<br />

Zurück konnte ich vor dem nächsten Vormittag nicht. Im Ofen des elenden Wirtshauses kein Holz, keine Kohle.<br />

Ich fror. Das Bett, sehr wenig einladend. Die Idee, die mich hierher geführt hatte, erschien mir immer verrückter, immer<br />

ferner von mir. Schon verwünschte ich den Einfall, der mich seit Wochen mühsame Wege führte, mich meiner gutgeregelten<br />

Arbeits- und Lebensweise entrissen hatte. Da kam ein dicker Mann. Sein Sohn wolle mit mir sprechen. Verdrießlich<br />

nickte ich. Auch das noch, unangenehme Gesellschaft! Ich erwartete, wie in vielen dieser entlegenen Städte, einem<br />

Ehrgeizigen, dem Lokalgenie zu begegnen, einem fahrigen Menschen, der Verbindungen anknüpfen möchte. Herein trat<br />

ein schlanker blasser Knabe, von wohlgeformtem Wuchs, wiewohl ärmlich gekleidet, glühend schwarze Augen im<br />

feingeschnittenen Gesicht. Mich frappierte eines: die Ähnlichkeit mit meinem Freunde F[ranz Kafka]. Also fand ich, den<br />

ich in Prag verlassen hatte, hier wieder, am Wendepunkt meiner Reise, zu der mich nicht zuletzt sein ernster Wille<br />

getrieben hatte, der immer nur Großes von mir verlangte, der Menschheit und ihrer höchsten Idee Dienendes ...“<br />

Der Schluß: „Ich hörte nichts mehr von dem schönen, wilden, ergreifend reinen Jüngling. – In meinem Roman ‘Räubeni’<br />

trägt die erste und entscheidende Begegnung zwischen dem Helden und dem jungen Molcho die Spuren jenes merkwürdigen<br />

Abends in den Karpathen.“<br />

Beiliegend 2 L.A.S. Brods, Prag 8. und 19.VI. o.J., an Walter Zadek, das obige Autograph betreffend: „... Gern<br />

gestatte ich, daß in der ‘Begegnung’ statt F. wieder ‘Franz Kafka’ eingesetzt wird ...“ (19. Juni).<br />

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