I. Literatur
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Bei Samuel unter Nr. 44 mit kleiner Abweichung gedruckt. – Aus dem im Dezember 1930 durch Meyer & Ernst<br />
und J.A. Stargardt versteigerten Nachlaß des Dichters; Nr. 81 des Katalogs.<br />
Von größter Seltenheit.<br />
„privatphilosophische Plauderei“<br />
358 PASTERNAK, BORIS LEONIDOWITSCH, russischer Dichter und Schriftsteller, erhielt 1958 den Nobelpreis,<br />
1890-1960. 2 L.A.S. in Deutsch. (Moskau) 1. und 2.X.1959. 3 Einzelblätter folio, davon 5 Seiten<br />
beschrieben. Mit einem dazugehörigen, eigenhändig in Kyrillisch und Deutsch beschriebenen<br />
Luftpostcouvert. (CHF 5’000.00)<br />
An Karl Pawek (1906-1983), Redakteur der Zeitschrift Magnum, der ihn gebeten hatte, bei einer Rundfrage<br />
zum Thema ‚Was ist der Mensch’ mitzumachen.<br />
„…Ihre Frage: ‚Was ist der Mensch’ werde ich meinen Kräften und Bestrebungen gemäss, in eine bescheidenere und einseitigere<br />
verwandeln müssen, nämlich in die, was der Mensch für mich ist, was er für mich bedeutet…<br />
Aber Sein ist geschichtliches Sein für mich, Mensch ist nicht Fleckensiedler. Zeiten, Jahrhunderte sind Gegende, Länder,<br />
Räume für ihn. Er ist Zeitenbewohner …<br />
Der Mensch ist wahr und wirklich wenn<br />
er tüchtig ist, wenn er Handwerker, Bauer<br />
oder ein grosser unvergesslich grosser<br />
Künstler ist oder ein schöpferischer Gelehrter,<br />
ein Wahrheitenentdecker.<br />
Manche Führer der Sozialdemokratie einerseits,<br />
Nietzsche andererseits wollten<br />
Dichter oder Musiker, Komponisten werden<br />
und litten am Misserfolg. Da wurden<br />
sie kritisch, weltenstürmerisch, wütend.<br />
In ihnen polarisiert sich so zu sagen der<br />
unfruchtbare Teil der intellektuellen europäischen<br />
Gesellschaft um die Jahrhundertwende.<br />
Diese meinten, nahmen an,<br />
beanspruchten. Alles ist hier Schein und<br />
Mutmassung…“<br />
Im Brief vom 2. Oktober 1959 bittet er<br />
Pawek, den Eingang seines Briefes telegraphisch<br />
zu bestätigen und ergänzt<br />
seine vorigen Ausführungen:<br />
„… Was ich hier noch hinzufügen will,<br />
wird unsere privatphilosophische Plauderei<br />
bleiben …Der Mensch erreicht sein<br />
grösstes, wenn er, sein leibliches Selbst,<br />
seine Betätigung Musterbegriff, Symbol<br />
wird. Gäbe es auch nicht andere Gründe<br />
für den unbedingten Wert des Einzelnen,<br />
der Persönlichkeit, hätte es des Gesagten<br />
genügt (über das symbolische Wesen des<br />
Helden und des Heldenideals) um diesen<br />
höchsten Wert zu begründen. Jeder<br />
Mensch, jeder Einzelne ist eine Seltenheit<br />
und Einzigkeit. Weil sein Gewissen eine<br />
Welt bildet. Weil diese Welt in der Einheit<br />
der Idee, im Symbol sich vollendet<br />
und zum Abschluss bringt.<br />
Das wussten die Griechen, das verstand<br />
das Alte Testament. Dass aber das ein<br />
Mysterium der Selbstaufopferung ist, hat<br />
das Neue verschärft…“<br />
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