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I. Literatur

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Etwas hilfloser Brief an die Schauspielerin Hela Gruel (1902-1991) in Hamburg, die sich bei Böll erkundigt<br />

hatte, ob sie im Alter nach Irland ziehen solle: „… Irland ist ziemlich aussichtslos: das Land nimmt keine ‚Emigranten’<br />

an – weil es Sorge um seine eigene Bevölkerung hat! Und hier? Es gibt eben nur die Altersheime, gute, schlechte –<br />

teure meistens! Ich kenn mich in klösterlichen Dingen nicht so gut aus. Wäre es nicht gut, Sie versuchten es einmal in<br />

Hamburg, evgl. Kirche?<br />

Ich kann mich leider mit ‚Filmen’ gar nicht abgeben, es scheint mir ein ziemlich ‚schnödes’ Gewerbe zu sein, denn der<br />

junge Herr aus Hamburg hat mir nicht einmal geantwortet! Nicht einmal mein Buch bestätigt! Überhaupt: die Menschen<br />

hier werden gemeiner von Tag zu Tag.<br />

Ich würde Ihnen so gern helfen, aber wie? Verzeihen Sie, dass ich durchstreiche!“ [Es folgt ein durchgestrichener erster<br />

Briefschluß]. „Natürlich können Sie in Irland leben, ein Häuschen, eine Wohnung finden, es hängt von den ‚Finanzen’<br />

ab: es ist dort billiger, aber sehr, sehr einsam! Die Menschen sind lieb, still dort – werden Sie es versuchen wollen?<br />

Ich finde ‚Entfernung von der Truppe’ gar nicht so traurig! Aber vielleicht bin ich blind!…“<br />

Heinrich Böll reiste seit den frühen 50er Jahren immer wieder nach Achill Island in Irland; seine Eindrücke<br />

vom Leben in Irland erschienen zuerst in Zeitungen und 1957 unter dem Titel „Irisches Tagebuch“ als Buch.<br />

Die im Brief erwähnte Erzählung Bölls ‚Entfernung von der Truppe’, wurde 1964 in der FAZ vorabgedruckt.<br />

„Zeichne mich groß, ewig, ungeheuer, ironisch“<br />

37 BRECHT, BERTOLT, deutscher Dramatiker und Lyriker, 1898-1956. L.A.S. „Bert Brecht“. (München)<br />

8.XI.1917. 1 3/4 S. gr.-folio, halbspaltig beschrieben. Linker Rand etwas unregelmäßig; kleiner Einriß,<br />

wenige kleine Flecke. (CHF 2’400.00)<br />

Brief des 19jährigen Studenten an seinen Freund Caspar Neher (1897-1962), der ihm Zeichnungen gesandt<br />

hatte – vielleicht Figurinen zu dem Stück „Sommersinfonie“, an dem Brecht im Sommer gearbeitet hatte, als<br />

Neher seinen Fronturlaub in Augsburg verbrachte.<br />

„... Dein Dank für mein Papier, das Du nicht ganz ablehnst, hat mich tief gerührt. Du warst immer galant, wenn es<br />

nichts kostete. Gegen mich warst Du nie galant. Oh Du großer Cas ... Deine Helden haben alle zu viel geleistet, immer<br />

ein Quäntchen mehr als ihnen möglich war ... Der Adam ist wundervoll, man sieht gleich an dem völlig fehlenden Hals<br />

daß Du ihn für keinen Helden hältst, eine Undankbarkeit des Genies, lieber Cas! Augen die fromm nach oben schauen<br />

woran sie keine Stirn hindert – ethisches Empfinden! Dieses Blatt ist vorzüglich ... Der Märchenerzähler ist glänzend,<br />

ich habe nur Angst daß der Bleistiftstrich weg geht. Zeichne doch möglichst viel mit Tinte und Tusche! Ich traue mir<br />

nicht die Sachen zu fixieren! Jedenfalls bekommst Du sie nie wieder – höchstens leihweise.<br />

Jetzt aber eine Aufgabe! 1) Ich bitte Dich um ein Kartönchen für die Rosmarie. Rosa Maria“ (Aman). „2) Der holde<br />

Traum meiner kalten Nächte liebt mich nicht. Es nutzt alles nichts. Du mußt ihr schreiben. Daß ich verzweifle. Oder<br />

besser: Zeichne ihr! Aber mach mich nicht lächerlich, bitte ... Zeichne mich groß, ewig, ungeheuer, ironisch. Usw. Aber:<br />

Zeichne mich nicht nackt! Sie auch nicht. Sonst muß ich Dir den Hals umdrehen ... Kann ich die Zeichnung zuerst<br />

sehen? Denn zuletzt sollst Du sie ihr schicken, aus dem Schützengraben. Bitschlinstraße 4. Sophie Renner. Es sind<br />

anständige Leute. Nicht nackte ...<br />

Schreib mir ... bald und an neue Adresse: Adalbertstr. 12/1. Ich bin umgezogen ... Noch eins: Schick diesen meinen Brief<br />

zurück und Deine Antwort auf dem leeren Rand. Du brauchst nicht zu wissen, warum ...“ – Neher hat den leeren<br />

Rand nicht für die Antwort benutzt.<br />

GBBA Band 28 Nr. 21. – Sehr selten so früh.<br />

„Es ist ein Saustall ohne Kirke hierzulande!“<br />

38 BRECHT, BERTOLT, 1898-1956. L.A.S. „Bert Brecht“. A(ugsburg 26.) VIII.1918. 1 Einzelblatt kl.-4°, die<br />

Vorderseite beschrieben, und ein eigenhändig adressiertes Couvert. Feldpostbrief. Das Blatt am<br />

oberen Rand lose auf das Faltcouvert montiert. Gelocht. (CHF 3’000.00)<br />

26<br />

In rauem Ton geschriebener Brief des Zwanzigjährigen, ebenfalls an Neher, der damals im Feld war.<br />

„Geliebter! Zürnst Du, Gebenedeiter? Was kann ich für die Feldpost?!<br />

Es ist ein Saustall ohne Kirke hierzulande! Mein Da-Sein ist ohne Organisation! Ich bin faul und müd und gelangweilt.<br />

Ich liege nur auf dem Bett und denke an Kanada und blauen, brausenden Himmel! Kommst Du nie? Bittersweet ist fort

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