23.01.2013 Aufrufe

Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

lich war, sendete man die bombastische Tirade gekürzt. Die meiste Sendezeit<br />

bekam ein selbsternannter "charismatischer Christ" aus dem Süden der USA.<br />

Nachdem er den Katholizismus als Werk des Antichristen angeprangert hatte,<br />

wiederholte er seine Behauptung, der Herr höre die Gebete der luden und<br />

heidnischen Moslems, die er noch zusätzlich beleidigend "Mohammedaner"<br />

nannte, überhaupt nicht.<br />

Mit ihrer Botschaft kamen diese Demagogen jedoch nicht an. Die Zuschauer<br />

riefen erbost bei den Anstalten an und wollten wissen, warum man diesen<br />

Leuten überhaupt Gelegenheit gab, ihre Bigotterien zu verbreiten. Die TV-<br />

Chefs freute das natürlich, denn erfahrungsgemäß schalteten diese Leute das<br />

Programm wieder ein, um sich weiter schockieren zu lassen. Bei dem amerikanischen<br />

Eiferer gingen sofort die Spenden zurück. B'nai B'rith distanzierte sich<br />

hastig von dem wildgewordenen Rabbi. <strong>Das</strong> Oberhaupt der Islamischen Liga,<br />

ein Geistlicher von hohem Rang, beschuldigte den radikalen Imam der Ketzerei<br />

und zitierte ausführlich den Propheten. Fernsehkommentatoren sorgten mit<br />

Gegenpositionen für eine Ausgewogenheit, die einige Zuschauer besänftigte<br />

und andere aufbrachte.<br />

Schon nach einem Tag, schrieb ein Kolumnist, hätten die zu Tausenden<br />

angereisten Korrespondenten der runden Piazza San Pietro den Namen<br />

"Peace-Bowl" gegeben. Aufmerksame Beobachter führten diese kindische Anspielungauf<br />

die Super-Bowl, das Spiel um die Meisterschaft im amerikanischen<br />

Football, auf den Streß zurück, unter dem Reporter stehen, wenn sie berichten<br />

müssen und nichts zu berichten haben. Die Konferenz war hermetisch abgesichert.<br />

Teilnehmer reisten mit Militärmaschinen an und landeten auf Militärflugplätzen.<br />

Man hielt die Reporter und die mit Teleobjektiven bewaffneten<br />

Kameraleute so weit wie möglich vom Geschehen fern und ließ die Konferenzteilnehmer<br />

vorwiegend bei Nacht anreisen. Die Schweizergarde in ihren<br />

Renaissance-Kostümen ließ keine Maus durch, und wenn sich zur Abwechslung<br />

einmal etwas Wichtiges ereignete - der Verteidigungsminister der<br />

Schweiz betrat den Vatikan durch einen Nebeneingang -, merkte niemand<br />

etwas.<br />

Die Ergebnisse von Meinungsumfragen in zahlreichen Ländern zeigten, daß<br />

die Welt Frieden wollte und nach dem Ausgleich mit dem Osten besonders<br />

euphorisch den Durchbruch erwartete. Zwar warnten Kommentatoren, es<br />

habe in der jüngeren Geschichte keine heiklere politische Frage gegeben, aber<br />

auf der ganzen Welt beteten die Menschen in mehr als hundert Sprachen und in<br />

mehr als einer Million Kirchen für die Beilegung dieses letzten und gefährlichsten<br />

Streites auf dem Planeten. Es sprach für die Fernsehanstalten, daß sie auch<br />

darüber berichteten.<br />

Berufsdiplomaten, darunter abgebrühte Zyniker, die seit ihrer Kindheit kein<br />

Gotteshaus mehr von innen gesehen hatten, bekamen den Druck dieser Erwartungshaltung<br />

zu spüren. Vereinzelte Berichte aus der Verwaltung des Vatikans<br />

sprachen von nächtlichen Spaziergängen im Schiff des Petersdoms, von Beratungen<br />

auf Baikonen unter sternklarem Himmel und von langen Gesprächen<br />

130

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!