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Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

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<strong>Jack</strong> schnaubte in seinen Wein. Keine Chance. Liz Elliot, dieses gerissene<br />

Biest, erzählte <strong>aller</strong> Welt, es sei Charlie Aldens Einfall gewesen. Sollte <strong>Jack</strong><br />

jemals versuchen, diese Geschichtsklitterung zu korrigieren, stünde er da wie<br />

ein Lump, der einem toten Mann sein Verdienst stiehlt - und einem guten<br />

Mann, trotz des Fehltritts mit der kleinen Blum. Kopf hoch, dachte <strong>Ryan</strong>. Du<br />

bist noch am Leben, hast Frau und Kinder.<br />

Ungerecht war die Sache trotzdem. Aber hatte er denn erwartet, daß es im<br />

Leben fair zuging? Werde ich langsam auch so wie Liz Elliot? fragte sich <strong>Jack</strong>.<br />

Ein engstirniger Radfahrer mit viel Ego und wenig Charakter? Er hatte sich<br />

schon oft Sorgen und Gedanken um diesen Prozeß gemacht, der Menschen<br />

verdarb. Er hatte die unverhohlenen Methoden gefürchtet, mit denen eine<br />

Sache oder Mission so wichtig wurde, daß man grundlegende Dinge wie<br />

Menschenleben oder das Leben eines Gegners außer acht ließ. Er hatte die<br />

Perspektive nie verloren und wußte, daß es so weit auch nicht kommen würde.<br />

Was aber an ihm nagte, waren die Kleinigkeiten. Er verwandelte sich in einen<br />

Funktionär, dem Anerkennung, Status und Einfluß wichtig waren.<br />

Er schloß die Augen und dachte an das, was er bereits hatte: eine Frau, zwei<br />

Kinder, finanzielle Unabhängigkeit, Erfolge, die ihm niemand wegnehmen<br />

konnte.<br />

Und doch: Du wirst langsam so wie die anderen, sagte er sich.<br />

Er hatte gekämpft und getötet, um seine Familie zu verteidigen. Vielleicht<br />

stieß sich Elliot daran, aber in einem stillen Moment wie diesem entsann sich<br />

<strong>Jack</strong> jener Zeit mit einem dünnen, grimmigen Lächeln. Keine 200 Meter von<br />

seinem Sessel entfernt hatte er einem Terroristen drei Kugeln in die Brust<br />

gejagt, kalt und einwandfrei - Ziel im Visier! -, wie er es beim Marinekorps<br />

gelernt hatte. Daß sein Herz tausendmal in der Sekunde geschlagen hatte, daß<br />

er sich beinahe in die Hosen gemacht hatte und erbrochen hätte, waren<br />

Nebensächlichkeiten. Er hatte seine Männlichkeit auf jede denkbare Weise<br />

bewiesen - eine prächtige Frau gewonnen und geheiratet, zwei Kinder gezeugt<br />

und sie alle mit Mut und Geschick verteidigt. <strong>Jack</strong> hatte jede Herausforderung<br />

des Schicksals angenommen und bewältigt.<br />

Stimmt, dachte er und grinste den Fernseher an. Zum Teufel mit dieser<br />

Fotze. Komische Vorstellung: Liz Elliot als Sexobjekt. Wer wollte schon was<br />

mit diesem eiskalten, dürren, arroganten Biest und... was noch? <strong>Ryan</strong> hielt in<br />

Gedanken inne und suchte nach einer Antwort. Was hatte sie noch? Eigentlich<br />

war sie schwach und zaghaft. Was steckte hinter dem aggressiven Gehabe und<br />

der Härte? Wahrscheinlich nicht viel. Diesen Typ Sicherheitsberater hatte er<br />

schon einmal erlebt: Cutter, der sich der Verantwortung entzogen hatte. Wer<br />

wollte schon mit Liz Elliot schlafen? Sie hatte nicht viel im Kopf und auch<br />

keine inneren Werte zum Ausgleich. Ihr Glück, daß der Präsident auf Bunker<br />

und Talbot zurückgreifen konnte.<br />

Du bist besser als der ganze Verein, sagte er sich. Mit diesem befriedigenden<br />

Gedanken leerte er das Glas und erwog, es nachzufüllen. Im Grunde genommen<br />

war der Wein gar nicht so übel.<br />

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