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Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

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Er wartete ab, bis die Kinder in ihren Zimmern waren und ging dann in die<br />

Küche. Sein Abendessen stand im Backofen. Er stellte den Teller auf die<br />

Frühstücksbar und ging an den Kühlschrank. Seinen Wein kaufte er inzwischen<br />

in Boxen. <strong>Das</strong> war praktischer, und er stellte in letzter Zeit auch<br />

geringere Ansprüche an den Geschmack. Der Pappkarton enthielt einen Mylarbeutel<br />

mit australischem Weißwein von einer Qualität, wie sie die kalifornischen<br />

Winzer vor 20 Jahren produziert hatten. Der stark fruchtige Geschmack<br />

überdeckte die Unzulänglichkeiten, und der Alkoholgehalt lag über 12 Prozent<br />

- darauf war <strong>Jack</strong> vorwiegend aus. Er schaute auf die Küchenuhr. Wenn er<br />

Glück hatte, erwischte er sechseinhalb oder sieben Stunden Schlaf; dann<br />

begann ein neuer Tag. Ohne Wein konnte er nicht einschlafen. Im Büro lebte er<br />

von Kaffee: sein Körper wurde langsam mit Koffein vollkommen aufgefüllt.<br />

Früher hatte er ab und zu am Schreibtisch ein Nickerchen machen können,<br />

aber heute ging das nicht mehr. Um elf am Vormittag war er am Flattern, und<br />

am Spätnachmittag fühlte er sich physisch so erschöpft und aufgedreht zugleich,<br />

daß er sich manchmal fragte, ob er dabei war, ein bißchen verrückt zu<br />

werden. Nun, solange er sich die Frage stellte, konnte es so schlimm nicht sein.<br />

Einige Minuten später war sein Teller leer. Schade, daß die Mahlzeit im Ofen<br />

ausgetrocknet war; Cathy hatte sie selbst gekocht. Er hatte sich vorgenommen,<br />

zu einer annehmbaren Zeit nach Hause zu kommen, aber... es war wie immer<br />

etwas dazwischengekommen. Als er aufstand, spürte er einen Stich im Magen.<br />

Auf dem Weg ins Familienzimmer nahm er aus seiner lackentasche im Wandschrank<br />

ein Päckchen mit Magnesiumtabletten heraus. Er kaute ein paar und<br />

spülte sie mit Wein hinunter - dem dritten Glas in knapp 30 Minuten.<br />

Cathy war nicht im Zimmer, hatte aber Papiere auf den Tisch neben ihrem<br />

Sessel gelegt. <strong>Jack</strong> lauschte und glaubte, die Dusche laufen zu hören. Gut. Er<br />

griff nach der Fernbedienung und stellte für eine weitere Portion Nachrichten<br />

den CNN ein. Der erste Bericht befaßte sich mit Jerusalem.<br />

<strong>Ryan</strong> machte es sich in seinem Sessel bequem und lächelte. Es funktionierte<br />

also. Der Korrespondent berichtete über das Wiederaufleben des Tourismus.<br />

Geschäftsinhaber füllten in Erwartung des besten Weihnachtsgeschäfts seit<br />

zehn Jahren ihre Lager. Jesus, erklärte ein Jude, der in Bethlehem geblieben<br />

war, sei schließlich ein netter junger Jude aus einer guten Familie gewesen. Sein<br />

arabischer Geschäftspartner führte das Kamerateam durch den Laden. Ein<br />

arabischer Partner? dachte <strong>Jack</strong>. Nun, warum auch nicht?<br />

Es ist die Opfer wert, sagte sich <strong>Jack</strong>. Du warst an diesem Erfolg beteiligt. Du<br />

hast Leben gerettet, und wenn das kein Mensch weiß... ach, zum Teufel. Du<br />

weißt, was du geleistet hast. Und Gott auch. Reicht das nicht?<br />

Nein, sagte er sich in einer seltenen Anwandlung von Ehrlichkeit.<br />

Was machte es schon, wenn die Idee nicht ganz auf seinem Mist gewachsen<br />

war? Was war schon originell? Er hatte den Einfall gehabt, er hatte die Parteien<br />

zusammengeführt und den Kontakt zum Vatikan geknüpft, er... Er hatte<br />

Anerkennung verdient, eine kleine Fußnote in einem Geschichtswerk, aber<br />

konnte er darauf hoffen?<br />

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