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Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

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die beiden extremen Gruppen jeweils über rund zehn Prozent der Stimmen.<br />

Die restlichen 80 Prozent entfielen ziemlich gleichmäßig auf die drei anderen,<br />

gemäßigteren Positionen. Selbstverständlich brachten gewisse Themen die<br />

Loyalitäten durcheinander - um Fragen des Umweltschutzes wurde ganz<br />

besonders hitzig gekämpft -, aber am explosivsten war die Diskussion um<br />

den bevorstehenden Zerfall der Union, das Abdriften der Republiken, die<br />

schon immer das russische Joch hatten abschütteln wollen. Und schließlich<br />

hatte jede Fraktion noch ihre Untergrüppchen. Zum Beispiel ging bei der<br />

Rechten im Augenblick die Rede, man sollte einen Romanow, also einen<br />

Aspiranten auf den Zarenthron, zurück ins Land holen - nicht als Herrscher,<br />

sondern um sich bei ihm offiziell für die Ermordung seiner Vorfahren zu<br />

entschuldigen. So ging jedenfalls das Gerücht. Wer diese Idee ausgebrütet<br />

hat, dachte <strong>Ryan</strong>, ist entweder so naiv wie Alice im Wunderland oder ein<br />

gefährlicher Vereinfacher. Zum Glück meldete die CIA-Station Paris, der<br />

Fürst <strong>aller</strong> Reußen habe ein besseres politisches Gespür als seine Sponsoren<br />

und dächte nicht an eine solche Reise.<br />

Negativ war, daß die politische und wirtschaftliche Lage in der Sowjetunion<br />

völlig hoffnungslos aussah, und SPINNAKERs Bericht machte alles<br />

noch ominöser. Andrej Iljitsch Narmonow war verzweifelt. Er verlor Optionen,<br />

Verbündete, Ideen, Zeit und Spielraum. Er konzentrierte sich, wie der<br />

Agent meldete, viel zu sehr auf das Nationalitätenproblem und versuchte nun<br />

sogar, den Sicherheitsapparat fester in den Griff zu bekommen - Innenministerium<br />

(MWD), KGB und Militär -, um das Imperium mit Gewalt zusammenzuhalten.<br />

Aber das Militär, berichtete SPINNAKER, war weder mit diesem<br />

Auftrag noch mit den halbherzigen Maßnahmen, die Narmonow plante,<br />

glücklich.<br />

Schon seit Lenins Zeiten waren über das sowjetische Militär und seine<br />

angeblichen politischen Ambitionen Spekulationen angestellt worden. Stalin<br />

hatte Ende der dreißiger Jahre mit der Sense in seinem Offizierskorps gewütet;<br />

man war allgemein der Auffassung, daß Marschall Tuchatschewski keine<br />

politische Bedrohung dargestellt hatte, sondern nur ein weiteres Opfer von<br />

Stalins bösartiger Paranoia geworden war. Auch Chruschtschow hatte in den<br />

späten fünfziger Jahren Säuberungen angeordnet, aber keine Massenhinrichtungen;<br />

er wollte weniger Geld für Panzer ausgeben und sich mehr auf Atomwaffen<br />

verlassen. Narmonow selbst hatte eine ganze Reihe von Generälen<br />

und Obersten in Pension geschickt; seine Absicht war ausschließlich die<br />

generelle Reduzierung der Rüstungsausgaben gewesen. Aber diesmal ging die<br />

Kürzung des Verteidigungshaushalts mit einer politischen Wiedergeburt des<br />

Militärs einher. Zum ersten Mal existierte im Land eine echte Opposition,<br />

und Tatsache war, daß die sowjetischen Streitkräfte über alle Waffen verfügten.<br />

Als Gegengewicht zu diesem bedenklichen Potential gab es seit Generationen<br />

das 3. Hauptdirektorat des KGB, dessen Mitglieder Uniformen trugen<br />

und das Militär überwachen sollten. Doch das 3. Hauptdirektorat war nur<br />

noch ein Schatten seiner selbst. Die Militärs hatten Narmonow bewegen, es<br />

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