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Entwicklung 123<br />
11.3.10. Entwicklung<br />
Man kann in der untersuchten Periode eine gewisse Entwicklung beobachten, wie es bereits,<br />
allerdings zu stark, Lerche und Hoffman & Szantyr (s. o. §11.1.4) getan haben. Erstens<br />
folgt nach quippe immer seltener nur ein Nebensatz, und dementsprechend immer<br />
öfter ein Hauptsatz (v. a. bei Velleius, Curtius, Columella und Tacitus; siehe §11.3.4); vor<br />
allem der relative Nebensatz verschwindet fast ganz. 68 Zweitens steht quippe immer öfter<br />
an der zweiten Stelle des Satzes (ab Plinius dem Älteren; siehe §11.1.2). Vor allem Funktionswörter<br />
nehmen gern eine enklitische Position ein: Je weniger semantischen Inhalt ein<br />
Wort besitzt oder je vorhersehbarer es ist, desto häufiger steht es enklitisch. Im Allgemeinen<br />
tragen die Satz-Enklitika wenig zur sachlichen Information bei, eher zur Diskursorganisation<br />
(Janson, 1979, 111 ff., vor allem 115, vgl. namque Schrickx, 2009, 260 ff.).<br />
Drittens gibt es vor allem bei Plinius dem Älteren, aber auch bei einigen anderen Schriftstellern,<br />
einige Stellen, die nicht in engeren Sinne als erklärend aufzufassen sind (siehe<br />
vorigen Absatz). Von quippe als Kurzfrage „warum denn‟, auf die eine Erklärung folgt,<br />
über einen (konnektiven) Diskursmarker, der eine enge Beziehung zwischen dem vorigen<br />
Satz und der folgenden Erklärung herstellt, scheint es sich immer mehr zu einer rein<br />
konnektiven Diskursmarker, der nur eine enge Anbindung anzeigt, entwickelt zu haben.<br />
Die erklärende Bedeutung scheint also immer mehr verloren gegangen zu sein, zu Gunsten<br />
einer anbindenden Funktion. Dementsprechend steht es immer mehr vor Hauptsätzen,<br />
da Nebensätze von Natur aus schon eng an den vorigen Satz angebunden sind, und kann<br />
es, da es weniger semantische Bedeutung hat, immer mehr von der ersten Stelle weichen.<br />
11.4. Zusammenfassung<br />
Der Ursprung von quippe ist wahrscheinlich eine Kurzfrage „warum denn?‟ (*quid-pe),<br />
womit der Sprecher sich selbst unterbricht und die Antwort unmittelbar folgen lässt. Diesen<br />
Ursprung erkennt man noch deutlich in quippini: eine Zusammenstellung aus quippe<br />
und ni, „warum nicht?‟. Quippini kommt nur bei Plautus, wo es immer am Anfang eines<br />
reagierenden Zuges, also direkt nach einem Sprecherwechsel steht, und als Reminiszenz<br />
in Apuleius (und Hieronymus) vor. Bei Plautus ist quippini ein deutlich interaktionales<br />
Adverb, und zeigt an, dass der Sprecher die Aussage oder die Antwort auf die Frage des<br />
vorigen Sprechers selbstverständlich findet, was auch dem ersten Sprecher einleuchten<br />
sollte. Es kann allein auftreten (als Kurzfrage), oder in den Satz eingebunden sein, hat<br />
also Tendenz zu einem Satzadverb.<br />
Was man aus der Beschreibung von quippini für quippe schließen kann, ist vor allem,<br />
dass quippe schon bei Plautus viel weniger interaktional ist: weniger Sprecherwechsel<br />
(und wenn, dann nicht in einem echten reagierenden Zug), kaum Ironie, selten folgen<br />
Verbformen in der ersten oder zweiten Person auf quippe, hauptsächlich in monologischen<br />
Texten. Es kommt wahrscheinlich nicht mehr allein vor, obwohl es noch Spuren<br />
eines ursprünglich selbständigen Status zu geben scheint (in Kombination mit enim).<br />
68 Dafür kommen erst ab Livius Demonstrativa direkt nach quippe vor, siehe Fußnote 26.