18.11.2013 Aufrufe

Lateinische epistemische Partikeln - VU-DARE Home - Vrije ...

Lateinische epistemische Partikeln - VU-DARE Home - Vrije ...

Lateinische epistemische Partikeln - VU-DARE Home - Vrije ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Forschungsstand 67<br />

gleichzeitig Schlussfolgerungen zu lenken. Hier sieht man meinen Begriff von<br />

„Commitment‟ durchschimmern, den ich allerdings nur für scilicet und videlicet postulieren<br />

würde. Ihre pragmatische Funktion sei es, die Kooperation zwischen den Gesprächspartnern<br />

zu organisieren, indem auf Übereinstimmung hingearbeitet werde; damit funktionieren<br />

sie auch als Strategien der positiven Höflichkeit. Dies sind m. E. zwar interessante<br />

Aspekte von „Commitment‟-Markern, aber sicher nicht immer gegeben. Semantisch<br />

seien es „affirmative‟ Mittel mit maximal positiver Polarität. Scilicet und videlicet seien<br />

„assertive‟ Modaladverbien, wie certe, profecto und fortasse; nempe und quippe seien<br />

evidentielle „Discourse Markers‟. Diskursmarker seien mehr pragmatisch verwendet als<br />

die Adverbien, worauf Núñez aber nicht weiter eingeht. Nempe sei eine affirmative und<br />

interrogative Partikel: Affirmativ begründe es eine Observation oder eine Haltung unter<br />

der Annahme, dass der Adressat nicht widersprechen werde; interrogativ erwarte es eine<br />

affirmative oder neutrale Antwort. Tatsächlich findet nempe, wie wir sehen werden, eine<br />

interessante Anwendung in Fragen, hat aber insgesamt eine ganz andere Funktion.<br />

Quippe sei eine explikative Partikel, die die vorgehende Aussage begründe, fast immer in<br />

Verbindung mit einer Konjunktion (dies stimmt nicht, vgl. Kapitel 11.3.4). Damit sei es<br />

ein kataphorischer Textmarker, womit Núñez anscheinend meint, dass quippe auf die<br />

Konjunktion vorausweist. Ohne Konjunktion sei es einem affirmativen Adverb vergleichbar.<br />

Als Vergleich zu nempe, quippe, scilicet und videlicet nennt er certe, profecto,<br />

quidem und fortasse: <strong>epistemische</strong> Modifikatoren mit einer evaluativen Funktion, „subjektive‟<br />

<strong>epistemische</strong> Modalität ausdrückend. Anders als diese drücken, sagt Núñez,<br />

nempe, quippe, scilicet und videlicet aber nicht direkt die Haltung des Sprechers aus, sondern<br />

versuchen den Adressaten auf die Linie des Sprechers zu bekommen, was er<br />

evidentielle <strong>epistemische</strong> Modalität nennt. (Zu meiner Sicht von „subjektiver‟ und<br />

„evidentieller‟ Modalität siehe die Einleitung, Kapitel 4.2) Obwohl ich nicht immer mit<br />

Núñez' Schlussfolgerungen einverstanden bin, hat er doch einige interessante Beobachtungen<br />

gemacht - vor allem was die Trennung von nempe und quippe einerseits, scilicet<br />

und videlicet anderseits betrifft; ich werde später im Detail darauf zurückkommen.<br />

Rosén (2009, 356, 359) stellt nempe, quippe, scilicet und videlicet zu den Modalpartikeln,<br />

unter der Gruppe „reinforcing‟ (gegenüber „mitigating‟), mit der Funktion „assertion,<br />

enquiry‟, spezifischer „reaffirming‟, zusammen mit Wörtern wie certe, sane und<br />

profecto. Wie certe und sane könne nempe aber auch für „complying-conceding‟ verwendet<br />

werden. Außerdem kommen quippe, nempe, scilicet und videlicet unter den<br />

konnektiven <strong>Partikeln</strong> vor. Quippe mit der Funktion „cause‟, speziell „explaining or<br />

justifying‟, zusammen mit z. B. nam und enim, und mit der Funktion „juncture and separation‟,<br />

„equating‟, zusammen mit scilicet (erst ab „silbernen‟ Latein), videlicet und id est.<br />

Erst in der Spätantike könne nempe als konnektive Partikel vorkommen, mit der Funktion<br />

„sequence„, spezifischer „inferential-conclusive; consequential‟, zusammen mit z. B. ergo<br />

und igitur. Wie sich diese Funktionen zueinander verhalten (diachronisch, als Nebeneffekten)<br />

wird freilich nicht klar.<br />

In Wörterbüchern werden einander ähnliche Übersetzungen genannt, z. B. Georges<br />

(1959) über scilicet: „versteht sich, natürlich, freilich‟, über videlicet: „es ist offenbar,<br />

leicht ersichtlich, natürlich‟, über nimirum: „allerdings, freilich, natürlich, unfehlbar, in<br />

Wahrheit, ohne Zweifel‟, über nempe in Antworten: „doch sicherlich, offenbar, natürlich,<br />

es versteht sich‟; oder Lewis & Short (1879) über scilicet: „it is evident, clear, plain, or<br />

manifest; of course, naturally, evidently, certainly, undoubtedly, etc.‟, über videlicet: „it is

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!