Lateinische epistemische Partikeln - VU-DARE Home - Vrije ...
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220 §14.7.8<br />
tion. 61 Scilicet, videlicet (Kapitel 12.3.7.1) und in geringerem Maße nimirum (Kapitel<br />
13.3.3.1) können sowohl nach als vor einer Konjunktion stehen. Die Position vor einer<br />
Konjunktion passt einerseits zu Satzadverbien mit einer deutlich eigenen Bedeutung, anderseits<br />
scheint dies eine Entwicklung zu einem Diskursmarker zu sein, indem sie die<br />
logische Verbindung zum vorigen Satz anzeigen. Allerdings vermeidet Cicero diese Wörter<br />
vor einer Konjunktion, so dass es sich vielleicht um eine spätere Entwicklung handelt.<br />
Die Satzadverbien können auch fokussierend wirken, indem sie sich zwar auf die<br />
ganze Aussage beziehen, aber ein Element daraus hervorheben (vgl. Simon-Vandenbergen<br />
& Aijmer, 2007, 283). So bezieht sich scilicet in Beispiel 83 zwar auf den ganzen<br />
Satz, hebt aber te ipsum hervor.<br />
83. CIC. ad Q. fr. 2, 5, 5 id cupio et, quamquam te ipsum scilicet maxime,<br />
tamen etiam litteras tuas ante exspecto.<br />
Dies (dass du kommst) hoffe ich und erwarte, obwohl natürlich am<br />
meisten dich selbst, trotzdem auch erst einmal deinen Brief.<br />
14.7.8. Pragmatische Motivation<br />
Der Sprecher kann verschiedene Gründe haben, einen „Commitment‟-Marker zu benutzen.<br />
Aus pragmatischer Sicht ist interessant, warum der Sprecher überhaupt sein<br />
„Commitment‟ ausdrückt, da man ohne „Commitment‟-Marker normalerweise davon<br />
ausgeht, dass der Sprecher hinter seiner Aussage steht. Man muss sich also nicht nur fragen,<br />
in welchen Kontexten der Sprecher ein „Commitment‟-Marker benutzen kann, sondern<br />
auch, warum er es benutzen will (siehe Kapitel 7, 12.4 und 13.4). Er kann ein<br />
„Commitment‟-Marker benutzen, um sich dem Adressaten gegenüber zu positionieren<br />
(§14.7.8.1 und 14.7.8.2, vgl. die „Appraisal‟-Theorie Kapitel 7.1) oder aus Gründen der<br />
Höflichkeit (siehe Kapitel 7.2). Er kann diese Marker aber auch verwenden, um etwas im<br />
Text hervorzuheben (siehe §14.7.7) oder um die Kohärenz im Text klarzumachen<br />
(§14.7.8.3) oder um seine Aussage als ironisch zu markieren (§14.7.8.4). Dies gilt aber<br />
nicht für alle „Commitment‟-Marker in gleichem Maße: vor allem scilicet und sane werden,<br />
da sie den Adressaten mit einbeziehen, gerne in Konzessionen benutzt (§14.7.8.1),<br />
certe, plane, profecto und scilicet gern in Kontrasten (§14.7.8.2), nimirum, scilicet und<br />
videlicet gern in ironischen Kontexten (§14.7.8.4).<br />
61 Certe: TLL III, 928, 77 ff., Ausnahme p. 931, 21: SALL. Iug. 4, 3 certe quibus (certe ist hier<br />
allerdings m. E. restriktiv verwendet). Plane: z. B. TLL X 1, 2344, 44 ff. nisi/ quasi/ tamquam<br />
plane, Ausnahme: plane quasi/ ut (komparativ). Profecto: TLL X 2, 1673, 29 ff., Ausnahmen:<br />
PLAVT. Curc. 570 profecto quoi (allerdings kann profecto hier laut Text im Klammer auch zum<br />
Hauptsatz gehören). Most. 417 profecto ut. p. 1674, 37 ff. PLAVT. Mil. 185a profecto ut. Pseud.<br />
904 profecto ne.