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Lateinische epistemische Partikeln - VU-DARE Home - Vrije ...

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Fragesätze 211<br />

Es heisst, dass er einen zurecht des Vatermordes Angeklagten, damit<br />

dieser nicht in einen Sack eingenäht würde – da nur Geständige mit<br />

dieser Strafe bestraft werden –, gefragt habe: „Du hast doch sicher deinen<br />

Vater nicht ermordet?‟<br />

52. PLAVT. Capt. 643-4 quin exploratum dico et provisum hoc tibi. ::<br />

certon? :: quin nihil, inquam, invenies magis hoc certo certius.<br />

Ich sage dir vielmehr, dass ich dies verlässlich erfahren habe und es<br />

wohlbedacht ist. :: Sicher? :: Ja, du wirst, sage ich dir, nichts Sichereres<br />

als dieses Sichere finden.<br />

Interessant ist es, diesen Gebrauch von certe in Fragen zu vergleichen mit niederländisch<br />

zeker in Fragen, nach den Untersuchungen von Byloo, Kastein, & Nuyts (2007, 51<br />

ff.) (siehe oben §14.5.1). Da zeker in Fragen nicht in seiner normalen semantischen Bedeutung<br />

vorkommt, ist dies ihnen zufolge ein spezieller pragmatischer Gebrauch. Es<br />

funktioniert als ein „Speech act modifier‟, indem es einen deklarativen Satz in einen speziellen<br />

interrogativen verwandelt: Der Sprecher bittet um Bestätigung für die Behauptung,<br />

die er macht (Beispiel 53). Dies ist vergleichbar mit den Kontrollfragen bei certe.<br />

Außerdem gibt es noch besondere Fälle bei zeker, wobei die Gefühle des Sprechers – er<br />

hofft, dass die Situation zutrifft – eine Rolle spielen. Der Sprecher möchte dann deutlich<br />

den Adressaten beeinflussen. Oft in Kombination mit einer Negation, und wahrscheinlich<br />

immer mit toch (Beispiel 54). So kann, wie wir gesehen haben, auch certe verwendet<br />

werden (2. Typus), wenn auch meist ohne Negation und ohne irgendeine Partikel.<br />

53. Hij zal wel weten wat ie kan zeker?<br />

He'll know what he can do, won't he? (Byloo, et al., 2007 Beispiel 43)<br />

54. Je gaat toch zeker met ons mee?<br />

You are hopefully going with us, aren't you? (ib. Beispiel 49)<br />

Scilicet (siehe Kapitel 12.3.8.1) in Kombination mit der Fragepartikel an kommt nur<br />

dreimal bei Pseudo-Quintilian vor, videlicet mit an je einmal bei Petron, Pseudo-<br />

Quintilian und Gellius; insgesamt scheint das also eher eine spätere Entwicklung zu sein.<br />

Die meisten Fragen, auch ohne an, mit einer dieser beiden <strong>Partikeln</strong> sind ironisch (Beispiel<br />

55 und 56) und haben damit keine deutliche interrogative illokutive Funktion. Auch<br />

ironisch verwendet drücken diese Wörter allerdings eigentlich kein „Commitment‟ des<br />

Sprechers mehr aus: der Sprecher steht dann nicht mehr hinter seiner Aussage (siehe<br />

§14.7.8.4). Nur bei scilicet gibt es zweimal eine nicht-ironische Frage (Beispiel 57 und<br />

GELL. 13, 31, 3), vergleichbar dem zweiten Typus von certe: eine Interpretation, der der<br />

Sprecher sich fast sicher ist (siehe Kapitel 12 Beispiel 66 und 67).<br />

55. PETRON. 10, 1 subduxisti te, inquam, a praeceptoris colloquio. :: quid<br />

ego, homo stultissime, facere debui, cum fame morerer? an videlicet<br />

audirem sententias, id est vitrea fracta et somniorum interpretamenta?<br />

„Du hast dich,‟ sage ich, „dem Gespräch mit dem Lehrer entzogen.‟<br />

„Was hätte ich, du Dummkopf, tun sollen, da ich am Verhungern war?<br />

Oder hätte ich vielleicht schlaue Sprüche anhören sollen, also Glasscherben<br />

und Traumdeutungen?

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