18.11.2013 Aufrufe

Lateinische epistemische Partikeln - VU-DARE Home - Vrije ...

Lateinische epistemische Partikeln - VU-DARE Home - Vrije ...

Lateinische epistemische Partikeln - VU-DARE Home - Vrije ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Wortart 131<br />

Ein anderer wichtiger Aspekt ist die Erläuterung: So nennen Kühner & Stegmann<br />

(1912, 807) scilicet und videlicet unter Wörtern, die Erklärungssätze einführen und so<br />

spricht Georges (1959) über ihre Funktion zur Vervollständigung des Vorhergehenden.<br />

Forcellini & De-Vit (1871), Georges (1959), Lewis & Short (1879) und OLD nennen als<br />

eine (spätere) Bedeutung beider Wörter die ausarbeitende, in der Bedeutung „nämlich‟<br />

oder „id est‟. Hierauf komme ich in §12.5 zurück: Dies ist eine deutlich spätere Entwicklung.<br />

Interessant sind auch die Unterschiede zwischen scilicet und videlicet, die erwähnt<br />

werden. Laut Georges (1959) dient scilicet u. a. dazu, „um die Aufmerksamkeit auf etwas<br />

Seltsames, Wunderbares zu lenken‟. 17 Lewis & Short (1879) behaupten (nach Zumpt,<br />

1865, 233), dass videlicet die richtige, scilicet eher die falsche Erklärung gibt; anscheinend<br />

meinen sie damit, dass scilicet eher ironisch benutzt wird. Kühner & Stegmann<br />

(1912, 807) beziehen sich auf die Etymologie: „führen eine bekannte oder selbstverständliche<br />

(scilicet), eine in die Augen springende (videlicet) … Tatsache an‟. Auch auf die<br />

Etymologie bezieht sich Núñez (2001): Der Sprecher gehe davon aus, dass der Inhalt dem<br />

Adressaten bekannt sei, da er entweder allgemeinverständlich (scilicet) oder evident<br />

(videlicet) sei. Im Nachfolgende werde ich die genaue Rolle dieser <strong>Partikeln</strong> in der Interaktion<br />

zeigen und beide Wörter in ein Modell der Modalität und Pragmatik unterbringen,<br />

um sie so voneinander abgrenzen zu können.<br />

12.2. Wortart<br />

Anders als nempe und quippe sind scilicet und videlicet keine Diskursmarker wie in der<br />

Einleitung (Kapitel 3.3.2) definiert, da sie keine primär konnektive Funktion haben<br />

(höchstens eine kohäsive, siehe §7.4). Das kann man gut daran erkennen, dass sie – anders<br />

als quippe – mit Konnektoren wie et, neque und sed verbunden werden können.<br />

Hauptargument ist aber, dass sie nicht unbedingt einen Kontext voraussetzen, wie nempe<br />

dies tut, sondern die Haltung des Sprechers gegenüber dem Inhalt des betreffenden Satzes<br />

ausdrücken. Eventuell kann man aber eine spätere Entwicklung zu einem Diskursmarker<br />

erkennen (siehe §12.5). Ob sie auf der Ebene der Proposition oder auf einer höheren, wie<br />

der des kommunizierten Inhalts (FDG, siehe Kapitel 2.1.1 und 4.2.6), zu situieren sind –<br />

also inhaltlich zur Proposition gehören oder einen Kommentar zu dieser abgeben, ohne<br />

selbst Teil davon zu sein –, ist schwer zu entscheiden. Da sie aber einen Kommentar des<br />

Sprechers zum Inhalt der Aussage geben, ist der kommunizierte Inhalt vielleicht doch<br />

plausibler (siehe auch Kapitel 14.2.2). In kausalen Nebensätzen kann dies allerdings zu<br />

Problemen führen (siehe §12.3.7.1). Ob man lieber von „Satzadverb‟ oder von „(Pragmatic)<br />

Marker‟ redet (siehe Kapitel 3), hängt auch davon ab, ob man diesen Wörtern eher<br />

eine Bedeutung oder eine Funktion zumisst. Simon-Vandenbergen & Aijmer (2007)<br />

scheinen ähnliche englische Wörter als Adverb aufzufassen, wenn sie rein evidentiell<br />

oder epistemisch sind, und als „Diskursmarker‟, wenn sie eine andere Funktion entwickelt<br />

haben. Satzwertigkeit könnte ein Kriterium für Adverbialität sein: Demnach wäre scilicet<br />

17 Mit der Übersetzung „vernimm nur! man höre oder denke nur!‟; diese Interpretation gibt er anscheinend<br />

nur, um zwei schwierige Stellen zu erklären (Verg. georg. 1, 282, siehe Anm. 54, und<br />

Hor. epist. 1, 9, 3, wo scilicet ironisch benutzt wird).

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!