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‘Appraisal’-Theorie 53<br />
7.1. ‘Appraisal’-Theorie<br />
Speziell mit der Haltung des Sprechers gegenüber seinen eigenen Worten hat sich die<br />
„Appraisal‟-Theorie (z. B. White, 2003; Martin & White, 2005) 1 beschäftigt, wobei hier<br />
vor allem relevant ist, was sie unter „Engagement‟ führen. Mit „Engagement‟ ist gemeint,<br />
dass der Sprecher sich auseinandersetzt mit („engages with‟) anderen möglichen Positionen.<br />
Anders als bei den Theorien über Modalität geht man hier nicht so sehr davon aus,<br />
dass der Sprecher seine eigene Haltung deutlich darstellen, sondern dass er sich Alternativen<br />
gegenüber positionieren möchte. Entweder lehnt der Sprecher Alternativen ab<br />
(„dialogic contraction‟) oder er lässt die Möglichkeit für Alternativen offen („dialogic expansion‟).<br />
Hier sieht man genau die <strong>epistemische</strong>n und evidentiellen Adverbien wieder<br />
auftauchen: Evidentielle werden nach dieser Theorie typisch benutzt, um Übereinstimmung<br />
(„concurrence‟) zu erzeugen (z. B. naturally, of course, obviously) und <strong>epistemische</strong><br />
mit einem hohen Sicherheitsgrad, um etwas zu verkünden („pronounce‟, there can<br />
be no doubt that…), sie gehören also beide zu „dialogic contraction‟. Epistemische Adverbien<br />
mit einem niedrigen Sicherheitsgrad lassen den Weg frei für Alternativen (z. B.<br />
apparently und perhaps, probably, maybe), gehören also zu „dialogic expansion‟. Zu<br />
„concurrence‟ gehört auch, was oft „Konzession‟ genannt wird: Nach einem übereinstimmenden<br />
Ausdruck folgt ein Gegenargument. Erst wird vorgegaukelt, dass Übereinstimmung<br />
herrscht, um dann etwas dagegen vorzubringen. Allerdings soll man m. E. diese<br />
Wörter anders gruppieren: Erwartungsadverbien und „Commitment‟-Marker, die Konzessionen<br />
ausdrücken, gehören typisch zu „concur‟, sonstige „Commitment‟-Marker zu<br />
„pronouncement‟, und <strong>epistemische</strong> mit einem niedrigen Sicherheitsgrad zu „dialogic expansion‟.<br />
Der genaue <strong>epistemische</strong> Aspekt dieser Wörter ist in dieser Theorie fast nur ein<br />
Nebeneffekt (vgl. Martin & White, 2005, 105): Erst der Kontext kann den Adressaten<br />
dazu bringen, anzunehmen, dass der Sprecher sich ganz sicher oder nicht ganz sicher ist.<br />
Auch wenn ich diese Theorie für meine <strong>Partikeln</strong> selten explizit verwenden werde, hilft<br />
sie, sich bewusst zu machen, warum ein Sprecher ein „Commitment‟-Marker verwendet,<br />
welche also seine pragmatische Motivation ist.<br />
7.2. Höflichkeitstheorie<br />
Die Theorie über Höflichkeit im Sprachgebrauch („politeness‟), initiiert v. a. von Brown<br />
& Levinson (1987), ist für ein besseres Verständnis der Verwendung von einigen hier zu<br />
behandelnden <strong>Partikeln</strong> nützlich. Deshalb folgt hier eine kurze Einführung, ohne weiter<br />
auf Kritik auf diese Theorie einzugehen (vgl. dazu e. g. Kerbrat-Orecchioni, 1997; Watts,<br />
2003). Alle Gesprächsteilnehmer haben laut dieser Theorie ein positives und ein negatives<br />
„Gesicht‟ („face‟), das öffentliche Selbstbild, das jeder hat. Das negative Gesicht ist<br />
der Hauptanspruch auf ein eigenes Gebiet, das Recht nicht gestört zu werden, die Freiheit<br />
zu handeln. Das positive Gesicht ist das positive Selbstbild, die Persönlichkeit, der<br />
Wunsch, einen guten Eindruck zu machen. Es ist im gemeinsamen Interesse aller, gegen-<br />
1 Siehe auch http://www.grammatics.com/Appraisal. Eine ganz andere Theorie gleichen Namens<br />
gibt es in der Psychologie.