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Lateinische epistemische Partikeln - VU-DARE Home - Vrije ...

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130 §12.1.3<br />

scire licet non esse haec ignea corpora rerum.<br />

Da es gewisse ganz feste Teilchen gibt, die immer dasselbe Wesen bewahren,<br />

durch deren Kommen und Gehen und veränderte Anordnung<br />

Dinge ihr Wesen ändern und Körper sich wandeln, sind diese Teilchen<br />

sicher nicht aus Feuer.<br />

Diese Entwicklungen stimmen überein mit den Entwicklungen, die bei Grammatikalisierung<br />

stattfinden (siehe Kapitel 5): Dekategorialisierung (kein Verb mehr), Bindung<br />

auf lokalem Niveau (feste Kombination) und phonologische Reduktion (wenn scilicet von<br />

scire licet stammt). Auch erkennt man zwei der drei Entwicklungen, die Traugott (1989;<br />

vgl. Traugott & Dasher, 2002, 94 ff.) für semantische Änderungen postuliert hat (siehe<br />

Seite 43). Als erste Entwicklung hat sie aufgezeigt, dass Bedeutungen, die auf der externen<br />

Situation basieren, sich immer mehr auf die interne (evaluative, kognitive) Situation<br />

beziehen: also für scilicet und videlicet von „wissen/ sehen‟ zu Evidentialität. Nach ihrer<br />

als dritten genannten Entwicklung tendieren Bedeutungen dazu, sich immer mehr auf der<br />

subjektiven Haltung des Sprechers gegenüber die Proposition zu basieren: Indem scilicet<br />

und videlicet sich zu evidentiellen Markern entwickelt haben, sind sie subjektiver geworden.<br />

Die zweite Entwicklung, nämlich dass Bedeutungen, die auf die externe oder interne<br />

Situation basieren, sich immer mehr auf die textuelle und metalinguistische Situation basieren,<br />

kommt in der hier geschilderten etymologischen Entwicklung nicht zum Ausdruck.<br />

Aber als spätere Entwicklung kann man dies erkennen (siehe §12.5).<br />

12.1.3. Forschungsstand<br />

Leider reicht Hands Bearbeitung von Tursellinus nur bis zum Buchstabe P, so dass sie für<br />

unsere Wörter keine Informationen bietet. Dass scilicet und videlicet anzeigen, dass der<br />

Inhalt an sich selbstverständlich oder ganz klar ist, wird von vielen postuliert (Forcellini<br />

& De-Vit, 1871; Lewis & Short, 1879; Kühner & Stegmann, 1912, 807; Georges, 1959;<br />

OLD 1982), ohne aber auf ein deutliches Modell der <strong>epistemische</strong>n Modalität oder<br />

Evidentialität zurückzugreifen. Nur Núñez (2001) gruppiert, wie erwähnt (siehe S. 66),<br />

scilicet und videlicet unter <strong>epistemische</strong> evidentielle Modalität, allerdings zusammen mit<br />

nempe und quippe, die, wie in den vorigen Kapiteln gezeigt, nicht vergleichbar sind.<br />

Manche beziehen explizit den Sprecher oder Adressaten in die Erklärung mit ein, was für<br />

die Rolle dieser Wörter in der Interaktion interessant ist. Auffällig an diesen Erklärungen<br />

ist, dass vor allem bei scilicet oft auf die Interaktion mit dem Adressaten 16 verwiesen<br />

wird, ohne dies allerdings gegen videlicet abzusetzen und ohne zu einem klaren Gesamtbild<br />

zu kommen. Auch Núñez (2001) bezieht, allerdings für beide <strong>Partikeln</strong>, den Adressaten<br />

mit ein: Der Sprecher referiere an Allgemeinwissen, das seiner Annahme nach der<br />

Adressat auch habe.<br />

16 Forcellini & De-Vit (1871) bei scilicet: der Adressat solle sich für ein besseres Verständnis den<br />

Inhalt merken; allerdings handelt es sich angeblich oft um ein Abweisen der Meinung des Adressaten.<br />

Einen Appell an den Leser nennt auch Callebat (1968, 461) für scilicet, wenn auch ihm zufolge<br />

einen meist spöttischen; Dowden (1982, 422) nennt als überall gültige Funktion von scilicet,<br />

den Informationen, die dem Adressaten zugänglich sind, etwas hinzuzufügen.

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