Lateinische epistemische Partikeln - VU-DARE Home - Vrije ...
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12<br />
§3.1.2<br />
3.1.2. <strong>Lateinische</strong> Satzadverbien<br />
Welche lateinischen Wörter gehören zu den Satzadverbien? Kühner & Stegmann (1912,<br />
792 ff.) unterscheiden die Modalitätsadverbien oder Modaladverbien von den übrigen<br />
Adverbien; diese Modaladverbien scheinen also mit Pinksters Satzadverbien vergleichbar<br />
zu sein. Kühner & Stegmann unterscheiden dabei drei Gruppen: Adverbien der Gewissheit,<br />
Versicherung, Bekräftigung, Beteuerung und Bejahung, Adverbien der Ungewissheit,<br />
und Verneinungen. Außerdem werden noch die Fragewörter genannt, die dann aber<br />
an anderer Stelle im zweiten Band, allerdings ohne Bezug auf die Modaladverbien, besprochen<br />
werden (1914, 504 ff.). Wie Pinkster (1988, 47 f.) erwähnt, sind diese Modaladverbien<br />
aber eine sehr heterogene Gruppe, die außerdem nicht alle Satzadverbien sind.<br />
Pinkster (2004) unterscheidet innerhalb den Satzadverbien „attitudinal‟ und<br />
„illocutionary satellites‟, also Urteils- und Illokutions- oder Stiladverbialia (vgl. 1988, 47<br />
ff.). Zu den Urteilsadverbien rechnet er die („subjektiven‟) Modaladverbien vom Typus<br />
certainly, zu welchen er für das <strong>Lateinische</strong> forsitan, fortasse, certe, profecto und verschiedene<br />
Ausdrücke mit dem Stamm dub und einer Negation, wie haud/ nec/ non dubie,<br />
procul/ sine dubio zählt. Hierzu rechnet er außerdem nimirum, plane und videlicet (scilicet<br />
erwähnt er nicht). Kennzeichnend für diese sind, dass sie (2004, 192):<br />
1) allein als Antwort auf eine Entscheidungsfrage 4 vorkommen können;<br />
2) nicht in Imperativsätzen vorkommen können (es gibt Ausnahmen), und selten in Fragesätzen;<br />
3) in affirmativen und in negativen Aussagen vorkommen; mit Ausnahme von forsitan<br />
und fortasse bleibt der Wahrheitsgehalt der Aussage gleich, wenn das Adverb weggelassen<br />
wird;<br />
4) nicht im Skopus einer Negation stehen können;<br />
5) mit evaluativen Adverbien und mit subjektiven adverbialen Phrasen kombiniert werden<br />
können (recte, falso), die wie die Negationen im Skopus der Modaladverbien<br />
stehen;<br />
6) anders als die evaluativen Adverbien und viele andere Adverbien nicht mittels et feci<br />
X oder atque id X umschrieben werden können.<br />
Teilweise sind das genau die Tests, die Pinkster (1972, 99 f.) für (modale) Satzadverbien<br />
festgelegt hatte, um sie von Adverbien zu unterscheiden (siehe oben), hier aber als Eigenschaften<br />
formuliert. Wie wir sehen werden, ist die Gruppe der Modaladverbien genau die,<br />
die für scilicet, videlicet und nimirum relevant ist. Allerdings werde ich diese Gruppe die<br />
der „Commitment‟-Marker nennen, 5 siehe Kapitel 4.3. Auf die Eigenschaften, die Pinkster<br />
für diese Wörter benennt, werde ich noch zurückkommen in Kapitel 14.<br />
4 Pinkster spricht von „open question‟, meint aber, nach dem Beispiel zu urteilen, Entscheidungsfrage.<br />
5 Vgl. die „assertifs‟, vor allem die „assertifs restrictifs‟ von Nøjgaard (1993, II 203 ff. bzw. 214<br />
ff.): “présuppose que le locuteur est prêt a entrer en scène pour assumer, si besoin était, la responsabilité<br />
de son assertion.” (Nøjgaard, 1993, II 143).