Lateinische epistemische Partikeln - VU-DARE Home - Vrije ...
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§6.2<br />
on und nicht von Diskursbedeutung. Als Beispiel folgt hier vero. Da vero synchron auf<br />
verschiedenen Diskursebenen funktionieren kann, hat es auch zwei Diskursfunktionen,<br />
von denen die erste häufiger oder typischer ist als die zweite. Aus der Wechselwirkung<br />
zwischen Diskursfunktion und Kontext ergeben sich die verschiedenen Anwendungen,<br />
die also an den jeweiligen Kontext gebunden sind. Nebeneffekte sind eher zufällige<br />
Beiprodukte, die eigentlich nicht zur jeweiligen Partikel gehören. Es ist eher so, dass die<br />
Partikel sehr gut kompatibel ist mit einem bestimmten Kontext, ohne diesen selbst zu beeinflussen.<br />
Hierzu gehört Kroon zufolge bei vero die oft postulierte adversative Funktion.<br />
Für vero sieht diese Analyse wie folgt aus 2 (Kroon, 1995, 327):<br />
1) Grundbedeutung: Aktualität, Realität<br />
2) Diskursfunktion:<br />
a) „Commitment‟ des Sprechers zum Inhalt anzeigen (auf der Interaktionsebene);<br />
b) Aktualität einer Situation anzeigen (auf der Repräsentationsebene).<br />
3) Anwendungen:<br />
a) abschwächen von etwas, das überraschend, umstritten, etc. ist, indem betont wird<br />
(auf der Interaktionsebene):<br />
i) die Wahrheit des Inhalts (als „subjektiver Modalitätsmarker‟);<br />
ii) die Aufrichtigkeit der illokutionären Zwecke (als „Konversationspartikel‟).<br />
b) Aktualität der Situation in Vergleich zu einer möglichen, weniger aktuellen Alternative<br />
betonen (als „objektiver Modalitätsmarker‟ auf der Repräsentationsebene).<br />
4) Nebeneffekte:<br />
a) adversative Verbindung markieren;<br />
b) Organisation des Textes anzeigen.<br />
Die genauen Details dieses Wortes sind hier nicht wichtig, man sieht aber deutlich eine<br />
Grundbedeutung und zwei Funktionen im Diskurs, nach Ebene unterschieden. Wie das je<br />
nach Kontext verwendet wird, sieht man unter 3. Das, was meistens als eine wichtige<br />
Verwendung von vero angesehen wird, nämlich als adversative Konjunktion, erscheint<br />
erst unter den Nebeneffekten. Hiermit bekommt man einen guten Überblick über Hauptfunktion,<br />
Anwendungen und Nebeneffekte der Partikel. Allerdings wird nicht klar, wie<br />
sich diachronisch die verschiedenen Funktionen auf verschiedenen Diskursebenen zueinander<br />
verhalten, da die Grundbedeutung sehr abstrakt ist. Kroons Ansatz ist synchron,<br />
sie berücksichtigt sprachliche Entwicklungen nicht, obwohl man parallele Bedeutungen<br />
als verschiedene Entwicklungsstufen eines Wortes erklären könnte. Die „semantic maps‟<br />
von Simon-Vandenbergen & Aijmer könnte man gut mit dem Modell von Kroon verbinden:<br />
Diskursfunktion in der Mitte, direkt verbunden mit den Anwendungen; Nebeneffekte<br />
lassen sich mit dünneren Linien daran anknüpfen.<br />
Auch der TLL geht in Prinzip von einer Grundbedeutung aus, die dann in verschiedene<br />
andere Bedeutungen oder Funktionen aufgegliedert wird. Allerdings soll diese Grundbedeutung,<br />
wenn möglich, von der Etymologie des Wortes herzuleiten sein und ist demnach<br />
auch nicht so abstrakt wie bei Kroon. Außerdem kann das Wort sich weiter entwickeln,<br />
so dass die Grundbedeutung kaum noch zu erkennen ist.<br />
2 Siehe Kapitel 14.6.5 für eine ausführlichere Besprechung von vero.