Lateinische epistemische Partikeln - VU-DARE Home - Vrije ...
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12. Scilicet und videlicet<br />
12.1. Einleitung<br />
Scilicet und videlicet gehören, wie auch nimirum, zu den Satzadverbien oder <strong>Partikeln</strong>,<br />
mit denen der Sprecher sein „Commitment‟ dem Inhalt der Aussage gegenüber ausdrücken<br />
kann, also anzeigt, dass er hinter dem Inhalt der Aussage steht. Innerhalb dieser allgemeinen<br />
Funktion hat jedes Wort seine spezifische Funktion und seinen eigenen Ursprung<br />
und Entwicklung (zum Vergleich mit anderen lateinischen „Commitment‟-Marker<br />
siehe Kapitel 14). Bei den „Commitment‟-Markern kann man nach Simon-Vandenbergen<br />
& Aijmer (2007) <strong>epistemische</strong>, evidentielle und Erwartungsadverbien unterscheiden (siehe<br />
Kapitel 4.1). Die beiden letzteren sind hier relevant: Evidentielle Adverbien drücken<br />
Sicherheit aus, basierend auf irgendeiner Art von Evidenz, die jeder sehen kann – hierzu<br />
gehört videlicet; Erwartungsadverbien drücken Sicherheit aus, kombiniert mit „erwartungskonform‟<br />
– hierzu gehört scilicet. Da beide Gruppen sich stark überschneiden,<br />
könnte man die Erwartungsadverbien auch als eine Untergruppe der evidentiellen Adverbien<br />
betrachten. Nach einem Überblick über die Häufigkeit (§12.1.1), die Etymologie<br />
(§12.1.2) und den Forschungsstand (§12.1.3) und eine kurze Besprechung der Wortart<br />
dieser Wörter (§12.2), werden hier die Unterschiede und Übereinstimmungen zwischen<br />
beiden <strong>Partikeln</strong> gezeigt (§12.3). Es folgt ein Absatz über die pragmatische Motivation,<br />
diese Wörter zu verwenden (§12.4). Aus pragmatischer Sicht ist nämlich interessant, warum<br />
überhaupt gesagt wird, dass etwas evident bzw. selbstverständlich ist. Man muss sich<br />
also nicht nur fragen, warum der Sprecher scilicet bzw. videlicet benutzen kann oder darf,<br />
sondern auch, warum er es benutzen will. Die Höflichkeitstheorie (siehe Kapitel 7.2) ist<br />
dabei hilfreich, ebenso die „Appraisal‟-Theorie (siehe Kapitel 7.1). Anschließend wird<br />
untersucht, ob sich in der hier untersuchten Periode eine Entwicklung bei diesen Wörtern<br />
feststellen lässt (§12.5). Ganz zum Schluss, nach der Zusammenfassung (§12.6), werden<br />
unsere Wörter kurz mit den englischen Äquivalenten of course, obviously und clearly,<br />
wie von Simon-Vandenbergen & Aijmer besprochen, verglichen (§12.7).<br />
12.1.1. Häufigkeit<br />
scilicet<br />
videlicet<br />
total 891 280<br />
Prosa 627 269<br />
Poesie 264 11<br />
Tabelle 16 Häufigkeit von scilicet und videlicet nach TLL-Zettelmaterial und LLT bis Apuleius