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Lateinische epistemische Partikeln - VU-DARE Home - Vrije ...

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154 §12.4.2<br />

12.4.2. Höflichkeit<br />

Wie wir bei den direktiven Sprechakten gesehen haben (§12.3.4), kann der Sprecher scilicet<br />

verwenden, 49 um positive Höflichkeit auszudrücken. 50 Auch die oben unter „Basis‟<br />

genannten Stellen (§12.3.1) kann man oft als eine Form positiver Höflichkeit ansehen. So<br />

bedauert Cicero in Beispiel 80, dass Atticus ihm nichts über die Ereignisse in Rom<br />

schreibt, da er doch mehr weiß. Durch die Zufügung von scilicet wird der erste Satz gerade<br />

eine Milderung der sog. FTA („face-threatening act‟). Der Sprecher kann scilicet auch<br />

wie eine Entschuldigung verwenden, überhaupt diese Aussage zu machen, da es dem anderen<br />

ja evident ist (vgl. Beispiel 13). Positive Höflichkeit findet man bei videlicet nicht.<br />

Allerdings kann der Sprecher scilicet oder videlicet, wie wir gesehen haben, auch spottend<br />

oder ironisch benutzen, was eine unhöfliche Wirkung haben kann. Überhaupt ist ein<br />

höflicher oder unhöflicher Effekt sehr kontextbedingt.<br />

80. (=28) CIC. Att. 6, 3, 4 de urbanis rebus scilicet plura tu scis, saepius et<br />

certiora audis; equidem doleo non me tuis litteris certiorem fieri.<br />

Über das, was in der Stadt passiert, weißt du natürlich mehr, du erhältst<br />

öfter und zuverlässigere Nachrichten; ich bedaure es, dass du mich in<br />

deinen Briefen nicht informierst.<br />

12.4.3. Diskursorganisatorische Gründe<br />

Der Sprecher kann scilicet und videlicet auch verwenden, um nachher eine Erklärung der<br />

Evidenz geben zu können, oder um etwas im Text hervorzuheben. Bei den evidentiellen<br />

Adverbien oder <strong>Partikeln</strong> bleibt die Evidenz oft implizit: Wenn etwas selbstevident (scilicet)<br />

oder klar zu sehen (videlicet) ist, braucht man keine weitere Erklärung. Die Evidenz<br />

kann aber auch explizit ausgedrückt werden, entweder in demselben Satz (vor allem mittels<br />

eines Kausalsatzes) oder im größeren Kontext. Es gibt bei scilicet und videlicet einige<br />

Stellen, wo dies passiert (Beispiel 81 mit nam, 82 mit enim). Man könnte in scilicet und<br />

videlicet manchmal, wie in diesen Beispielen, gerade einen Anlass sehen, eine zusätzliche<br />

Erklärung zu geben.<br />

81. SEN. epist. 54, 6 his et eiusmodi exhortationibus – tacitis scilicet, nam<br />

verbis locus non erat – adloqui me non desii.<br />

Mit diesen und ähnlichen Ermunterungen – schweigenden natürlich,<br />

denn Wörter waren (bei diesem Asthma-Anfall) nicht möglich - habe<br />

ich nicht aufgehört mir zuzureden.<br />

82. (=32) CIC. Tusc. 3, 26 haec mala, o stultissime Aeeta, ipse tibi<br />

addidisti; non inerant in iis, quae tibi casus invexerat …; sed maeres<br />

49 Wie auch obviously und of course, siehe §12.7.1 (Simon-Vandenbergen & Aijmer, 2007, 280,<br />

314).<br />

50 Das sagt auch Núñez (2001, 512), aber er findet es wieder für beide <strong>Partikeln</strong> – wie auch für<br />

nempe und quippe – relevant. Außerdem nennt er keine konkreten Beispiele.

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