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Lateinische epistemische Partikeln - VU-DARE Home - Vrije ...

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‘Appraisal’-Theorie 153<br />

sich also nicht nur fragen, in welchen Kontexten der Sprecher scilicet bzw. videlicet benutzen<br />

kann, sondern auch, warum er es benutzen will. Nicht nur, wie wir gesehen haben,<br />

um Ironie auszudrücken (§12.3.8.2), sondern auch um sich dem Adressaten gegenüber zu<br />

positionieren („Appraisal‟-Theorie §12.4.1) oder aus Gründen der Höflichkeit (§12.4.2)<br />

kann der Sprecher scilicet oder videlicet benutzen. Er kann diese <strong>Partikeln</strong> aber auch verwenden,<br />

um etwas im Text hervorzuheben oder um nachher eine Erklärung der Evidenz<br />

geben zu können, was ich unter „diskursorganisatorische Gründe‟ zusammengefasst habe<br />

(§12.4.3) Es folgt noch ein kurzer Blick auf scilicet in narrativen Texten (§12.4.4).<br />

12.4.1. ‘Appraisal’-Theorie<br />

Sowohl mit scilicet als mit videlicet lehnt der Sprecher Alternativen ab, so dass beide<br />

nach der „Appraisal‟-Theorie (siehe Kapitel 7.1) zu „dialogic contraction‟ gehören. Der<br />

Sprecher möchte Widerspruch ausschließen, auch wenn vielleicht der Inhalt eigentlich<br />

gar nicht so evident ist, vor allem, wenn er eher spekuliert, z. B. darüber, was jemand<br />

denkt (Beispiel 78). Mit scilicet ruft der Sprecher Gemeinsamkeit, Solidarität hervor, genau<br />

was nach der „Appraisal‟-Theorie „concurrence‟ genannt wird und typischerweise bei<br />

evidentiellen Markern vorkommen sollte. Am deutlichsten erkennt man es bei der oben<br />

genannten „Basis‟ (§12.3.1), aber auch in den Kombinationen mit der ersten (§12.3.2)<br />

und zweiten (§12.3.3) Person des Verbs und mit dem Futur (§12.3.5).<br />

78. TER. Ad. 872-4 illum amant, me fugitant; illi credunt consilia omnia,<br />

illum diligunt, apud illum sunt ambo, ego desertus sum;<br />

illum ut vivat optant, meam autem mortem exspectant scilicet.<br />

Jenen (meinen Bruder) lieben sie (meine Söhne), vor mir fliehen sie.<br />

Ihm vertrauen sie alle ihre Pläne an, ihn mögen sie, bei ihm sind sie<br />

beide, ich bin allein. Ihm wünschen sie, dass er (lange) lebt; meinen<br />

Tod aber können sie sicher kaum noch erwarten.<br />

Bei videlicet ist die Situation anders: Wie scilicet wird es für „dialogic contraction‟ verwendet,<br />

aber nur um etwas zu verkünden („pronounce‟). Mit videlicet geht der Sprecher<br />

davon aus, dass etwas allen oder allgemein evident ist, wodurch es weniger geeignet ist,<br />

Solidarität spezifisch mit dem Adressaten auszudrücken (Beispiel 79).<br />

79. (=56) TER. Haut. 263-4 nemost miserior me. :: hic de nostris verbis errat<br />

videlicet,<br />

quae hic sumus locuti.<br />

Niemand ist unglücklicher als ich. :: (beiseite) Er hat offensichtlich<br />

missverstanden, worüber wir gerade geredet haben.

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