Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
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182 III. Das Zuspiel<br />
91. <strong>Vom</strong> ersten zum anderen Anfang<br />
183<br />
In dieser Geschichte bleibt mehr und mehr selbstverstiindlich<br />
und deshalb unbedacht die Leitfragenhaltung im Sinne der<br />
Formel: Denken und Gegenstiindlichkeit.<br />
Auch da, wo Nietzsche gegen das »Sein« (Seiendheit) das<br />
Werden ins Feld ftihrt, geschieht es unter der Voraussetzung,<br />
daB die »Logik« die Seiendheit bestimmt. Die Flucht in das<br />
»Werden« (»Leben«) ist metaphysisch nur ein Ausweg, der<br />
Zetzte Ausweg am Ende der Metaphysik, der tiberall die Zeichen<br />
dessen tragt, was Nietzsche selbst friih als seine Aufgabe<br />
erkannte: der Umkehrung des Platonismus.<br />
Aber aIle Umkehrung ist erst recht Riickkehr und Verstrikkung<br />
in den Gegensatz (Sinnliches - Dbersinnliches), so sicher<br />
Nietzsche spiirt, daB auch dieser Gegensatz seinen Sinn verlierenmuB.<br />
Fiir Nietzsche bleibt das »Seiende« (Wirkliche) das Werden<br />
und das »Sein«, eben die Festmachung und Verbestandigung.<br />
Nietzsche bleibt in der Metaphysik hangen: yom Seienden<br />
zum Sein; und Nietzsche erschopft aIle Moglichkeiten dieser<br />
Grundstellung, die inzwischen, wie er selbst erstmals am deutlichsten<br />
gesehen hat, in allen moglichen Formen <strong>zur</strong>n Gemeinbesitz<br />
und »Gedankengut« der Massen-Weltanschauungen geworden<br />
ist.<br />
Der erste Schritt <strong>zur</strong> schopferischen Dberwindung des Endes<br />
der Metaphysik muBte in der Richtung vollzogen werden, daB<br />
die Denkhaltung in einer Hinsicht festgehalten, aber dabei zugleich<br />
in anderer Hinsicht iiber sich grundsatzlich hinaus gebracht<br />
wurde.<br />
Das Festhalten besagt: fragen nach dem Sein des Seienden.<br />
Die Dberwindung aber: fragen zuvor nach der Wahrheit des<br />
Seyns, nach dem, was in der Metaphysik nie Frage wurde und<br />
werden konnte.<br />
Dieser iibergangliche Doppelcharakter, der die »Metaphysik«<br />
zugleich urspriinglicher faBt und damit iiberwindet, ist<br />
durchgangig das Kennzeichen der »Fundamentalontologie«,<br />
d. h. von »Sein und Zeit«.<br />
Dieser Titel ist aus einem klaren Wissen um die Aufgabe<br />
gesetzt: nicht mehr Seiendes und Seiendheit, sondern Sein;<br />
nicht mehr »denken«, sondern »Zeit«; nicht mehr Denken zuvor,<br />
sondem das Seyn. »Zeit« als Nennung der »Wahrheit« des<br />
Seins, und all dieses als Aufgabe, als »unterwegs«; nicht als<br />
»Lehre« und Dogmatik.<br />
Jetzt ist die leitende Grundstellung der abendlandischen Metaphysik<br />
Seiendheit und Denken, das »Denken« - ratio - Vernunft<br />
als Leitfaden und Vorgriff der Auslegung der Seiendheit,<br />
in Frage gestellt, aber keineswegs nur so, daB Denken durch<br />
»Zeit« ersetzt wiirde und alles nur »zeitlicher« und existenzieller<br />
gemeint und sonst beim aIten bliebe, sondern jetzt ist jenes<br />
<strong>zur</strong> Frage geworden, was im ersten Anfang nicht Frage werden<br />
konnte, die Wahrheit selbst.<br />
Jetzt ist und wird alles anders. Die Metaphysik ist unmoglich<br />
geworden. Denn die Wahrheit des Seyns und die Wesung des<br />
Seyns ist das Erste, nicht das wohinaus der Dberstieg erfolgen<br />
soli.<br />
Aber jetzt gilt auch nicht etwa nur die Umkehrung der bisherigen<br />
Metaphysik, sondem mit der urspriinglicheren Wesung<br />
der Wahrheit des Seyns als <strong>Ereignis</strong> ist der Bezug zum<br />
Seienden ein anderer (nicht mehr der der UJ't61'}EO'L~ und der »Bedingung<br />
der Moglichkeit« - des %OLv6v und UJ'tO%EtItEVOV).<br />
Das Seyn west als <strong>Ereignis</strong> der Dagriindung und bestimmt<br />
selbst die Wahrheit des Wesens aus der Wesung der Wahrheit<br />
neu.<br />
Der andere Anfang ist der das Seyn verwandelnde Einsprung<br />
in seine urspriinglichere Wahrheit.<br />
Das abendliindische Denken in der Leitfrage setzt gemiiB<br />
seinem Anfang den Vorrang des Seienden vor dem Sein;<br />
das »Apriori« ist nur die Verschleierung der Nachtriiglichkeit<br />
des Seyns, die waIten muB, sofem im unmittelbar ersten,<br />
vemehmend-samm.elnden Zugehen auf das Seiende das<br />
Seyn eroffnet wird (vgl. in »Der Sprung«: das Sein und das<br />
Apriori).