Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
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I. Vorblick<br />
des <strong>Ereignis</strong>ses, der zogernden Versagung, die sich als zugehorig<br />
schon er-eignet das Da-sein, das Innehalten des Augenblicks<br />
und der Stlitte der ersten Entscheidung.<br />
1m Wesen der Wahrheit des <strong>Ereignis</strong>ses entscheidet und<br />
griindet sich gleichzeitig alles Wahre, wird Seiendes seiend,<br />
gleitet das Unseiende in den Anschein des Seyns. Diese Ferne<br />
ist zumal: die weiteste und uns erste Nlihe zum Gott, aber auch<br />
die Not der Seinsverlassenheit, verhiillt durch die Notlosigkeit,<br />
die sich bezeugt durch das Ausweichen vor der Besinnung. In<br />
der Wesung der Wahrheit des Seyns, im <strong>Ereignis</strong> und als <strong>Ereignis</strong>,<br />
verbirgt sich der letzte Gott.<br />
Die lange Verchristlichung des Gottes und die wachsende<br />
Veroffentlichung jedes gestirnmten Bezugs zum Seienden haben<br />
gleich hartnlickig und gleich versteckt die Vorbedingungen<br />
untergraben, kraft deren etwas in der Ferne der Unentscheidbarkeit<br />
steht iiber Flucht oder Ankunft des Gottes, dessen Wesung<br />
dennoch am innigsten <strong>zur</strong> Erfahrung kommt, fUr ein<br />
Wissen freilich, das nur als schaffendes in der Wahrheit steht.<br />
Schaffen - im weiteren Sinn hier gemeint - bedeutet jede Bergung<br />
der Wahrheit im. Seienden.<br />
Wenn von Gott und den Gottern gesagt wird, denken wir<br />
nach langer Gewohnheit des Vorstellens in der Form, die noch<br />
am ehesten der freilich selbst schon vielmeinende Name»Transzendenz«<br />
anzeigt. Man meint Solches, was das vorhandene<br />
Seiende und unter diesem zumal den Menschen iibersteigt.<br />
Auch dort, wo besondere Weisen des Obersteigenden und des<br />
Oberstiegs geleugnet werden, lliBt sich diese Denkweise selbst<br />
doch nicht verleugnen. N ach ihr lliBt sich sogar leicht ein Oberblick<br />
iiber die heutigen»Weltanschauungen« gewinnen:<br />
1. Das Transzendente (ungenau auch »die Transzendenz«<br />
genannt) ist der Gott des Christentums.<br />
2. Diese »Transzendenz« wird geleugnet und das »Volk«<br />
selbst - unbestirnmt genug in seinem Wesen - als Ziel und<br />
Zweck aller Geschichte angesetzt. Diese gegenchristliche»Weltanschauung«<br />
ist nur scheinbar unchristlich; denn sie kommt im.<br />
7. <strong>Vom</strong> <strong>Ereignis</strong><br />
Wesentlichen dennoch iiberein mit jener Denkart, die den »Liberalismus«<br />
kennzeichnet.<br />
3. Das Transzendente ist hier eine »Idee« oder»Werte« oder<br />
ein »Sinn«, solches, wofiir sich nicht leben und nicht sterben<br />
laBt, was aber durch »Kultur« sich verwirklichen soli.<br />
4. Je zwei dieser Transzendenzen - volkische Ideen und Christentum,<br />
oder volkische Ideen und Kulturpolitik, oder Christentum<br />
und Kultur - oder aber aile drei werden in verschiedenen<br />
Graden der Bestimmtheit gemischt. Und dieses Mischgebilde<br />
ist die heute durchschnittliche und vorherrschende »Weltanschauung«,<br />
in der alles auch gemeint ist und nichts mehr <strong>zur</strong><br />
Entscheidung kommen kann.<br />
So verschieden nun diese »Weltanschauungen« sind und so<br />
heftig sie sich offen oder versteekt bekampfen - wenn das Sichumtreiben<br />
im Unentschiedenen noch ein Kampf genannt werden<br />
darf -, aile kommen sie zuerst und, ohne es zu wissen und<br />
zu bedenken, darin iiberein, daB der Mensch angesetzt wird<br />
als das, was man in seinem Wesen schon kennt, als das Seiende,<br />
auf das zu und von dem her jede »Transzendenz« bestimmt<br />
wird und zwar als das, was doch selbst den Menschen erst bestimmen<br />
soli. Aber dies ist von Grund aus unmoglich gemacht,<br />
weil der Mensch in seiner Bestimmbarkeit schon festgelegt ist,<br />
statt ihn zu jenem zu bestimmen, was aus der bisherigen Festlegung<br />
ver-riickt werden muB, um so erst auf eine Bestimmbarkeit<br />
gestimmt zu werden.<br />
Wie aber soli der Mensch aus seinem Festgefahrenen, wozu<br />
vor allem die Herrschaft jener »Transzendenzen« und ihrer<br />
Mischungen gehort, verriickt werden? Wenn er dieses von sich<br />
aus vollziehen muB, ist dann nicht die AnmaBung der MaBgabe<br />
noch groBer als dort, wo er einfachhin als der MaBstab<br />
angesetzt bleibt?<br />
Oder gibt es die Moglichkeit, daB diese Verriiekung iiber den<br />
Menschen kommt? Allerdings. Und das ist die Not der Seinsverlassenheit.<br />
Diese Not bedarf zuerst nicht einer Hilfe, sondern<br />
muB zuvor selbst das Helfende werden. Aber diese Not<br />
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