Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
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80 I. Vorblick<br />
39. Das <strong>Ereignis</strong><br />
81<br />
Die Grunderfahrung ist nicht die Aussage, der Satz, und<br />
demzufolge der Grundsatz, sei es »mathematisch« oder »dialektisch«,<br />
sondern das Ansichhalten der Verhaltenheit gegen<br />
das zogernde Sichversagen in der Wahrheit (Lichtung der Verbergung)<br />
der Not, der die Notwendigkeit der Entscheidung<br />
entspringt (vgl. Vorblick, 46. Die Entscheidung).<br />
Wenn diese Verhaltenheit zum Wort kommt, ist das Gesagte<br />
immer das <strong>Ereignis</strong>. Dieses Sagen verstehen heiBt aber, den<br />
Entwurf und Einsprung des Wissens in das <strong>Ereignis</strong> vollziehen.<br />
Das Sagen als Erschweigen griindet. Nicht etwa ist sein Wort<br />
nur ein Zeichen fur ganz Anderes. Was es nennt, ist gemeint.<br />
Aber das »Meinen« eignet nur zu als Da-sein und d. h. denkerisch<br />
im Fragen.<br />
Das Erschweigen und das Fragen: das wesentliche Fragen<br />
als <strong>zur</strong> Entscheidung stellen des Wesens der Wahrheit.<br />
Suchen nach dem Seyn? Der ursprungliche Fund im urspriinglichen<br />
Suchen.<br />
Suchen - schon das Sich-in-der-Wahrheit-halten, im Offenen<br />
des Sichverbergenden und Sichentziehenden. Das Suchen (urspriinglich)<br />
als Grundbezug <strong>zur</strong> zogernden Versagung. Das<br />
Suchen als Fragen und dennoch Erschweigen.<br />
Wer sucht, der hat schon gefunden! Und das urspriingliche<br />
Suchen ist jenes Ergreifen des schon Gefundenen, niimlich des<br />
Sichverbergenden als solchen.<br />
W iihrend das gewahnliche Suchen erst findet und gefunden<br />
hat, indem es aufhart zu suchen.<br />
Daher wird der ursprungliche Fund in der ursprunglichen<br />
Bergung gerade als das Suchen als solches geborgen. Das Fragwurdigste<br />
wurdigen, im Fragen verharren, Instiindlichkeit.<br />
39. Das <strong>Ereignis</strong><br />
Dieses ist der wesentliche Titel fur den Versuch des anfanglichen<br />
Denkens. Der affentliche Titel aber darf nur lauten:<br />
Beitriige <strong>zur</strong> <strong>Philosophie</strong>.<br />
Der Entwurf hat <strong>zur</strong> Absicht das, was allein im Versuch des<br />
anfanglichen Denkens, das ein Geringes von sich selbst weill,<br />
gewollt werden kann: eine Fuge dieses Denkens zu sein.<br />
Das will sagen:<br />
1. An der Strenge des Gefuges im Aufbau ist nichts nachgelassen,<br />
gleich als galte es - und das gilt es in der <strong>Philosophie</strong><br />
immer - das Unmogliche: die Wahrheit des Seyns in der voll<br />
entfalteten Fiille seines begriindeten Wesens zu begreifen.<br />
2. Hier ist nur erlaubt die Verfugung uber einen Weg, den ein<br />
Einzelner bahnen kann, unter Verzicht darauf, die Moglichkeit<br />
anderer und vielleicht wesentlicherer Wege zu uberschauen.<br />
3. Der Versuch muB Klarheit besitzen dariiber, daB Beides, Gefiige<br />
und Verfiigung, eine Fugung des Seyns selbst bleiben,<br />
des Winkes und des Entzugs seiner Wahrheit, ein Nichterzwingbares.<br />
Die Fuge in diesem dreifachen Sinne muB versucht werden,<br />
damit Wesentlicheres und Gegliiekteres, was den Kunftigen<br />
geschenkt wird, solches, daran es einen Absprung hat, den es<br />
vorlaufig an- und einfiigt, um es zu uberwinden.<br />
Dieses Dberwundenwerden, wenn es ein echtes ist und notwendiges,<br />
bringt freilich das GroBte: es bringt einen denkerischen<br />
Versuch erstmals geschichtlich in seiner Zukunftigkeit<br />
zum Stehen, zum Hinausstehen in die Zukunft und in die Unurnganglichkeit.<br />
Die Fuge ist etwas wesentlich anderes als ein »System« (vgl.<br />
WS. 35/36 u. 36*). »Systeme« nur moglich und gegen das Ende<br />
zu notwendig im Bereich der Geschichte der Leitfragenbeantwortung.<br />
Die sechs Fugungen der Fuge stehen je fur sich, aber nur, urn<br />
die wesentliche Einheit eindringlicher zu machen. In jeder der<br />
* Vorlesung Wintersemester 1935/36 »Die Frage nach dem Ding. Zu<br />
Kants Lehre von den transzendentalen Grundsatzen« (Gesamtausgabe Band<br />
41) und Vorlesung Sommersemester 1936 »Schelling: Uber das Wesen der<br />
menschlichen Freiheit« (Gesamtausgabe Band 42)