Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
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366 V. Die Griindung<br />
235. Wahrheit und Echtheit*<br />
Wahres Gold nennen wir echtes Gold; den echten Deutschen<br />
nennen wir den wahren. Das Echte ist jenes, was dem entspricht<br />
und genugt, was das Wahre ist, und das Wahre ist hier gemeint<br />
als das Wirkliche bezw. das Gehorige.<br />
In der Echtheit liegt daher eine Entsprechung, somit Richtigkeit.<br />
Allein, das Echte ist gleichwohl nicht einfach nur das mit<br />
dem Gehorigen »Dbereinstimmende«, etwa gar ein Satz. Ein<br />
Satz ist richtig, aber nicht echt; oder doch? Ein unechter, nicht<br />
von Aristoteles stammender Satz kann doch richtig sein, und<br />
umgekehrt, ein unrichtiger echt. Echtheit besagt also etwas anderes<br />
als Richtigkeit, wenn dieser Name festgehalten sein solI<br />
fur die Ent-sprechung eines Ausspruches <strong>zur</strong> angesprochenen<br />
Sache.<br />
Echt aber ist z. B. ein Stuck Gold. Ein »echter Durer«, aber<br />
auch eine »echt« Schillersche Wendung. Hier meint »echt«<br />
noch einmal etwas anderes, keineswegs das nicht gefalschte<br />
und uberhaupt nur von Durer, Schiller stammend, sondern gerade<br />
ihm und nur ihm gemaB, wesensgerecht. Ebenso sprechen<br />
wir yom Echten, wenn wir von einem Menschen sagen, er sei<br />
in seinem Tun und Lassen »echt«.<br />
Das Echte ist nicht nur das Gehorige und GemaBe, also doch<br />
Entsprechende zu einem schon Bestehenden, sondern zugleich:<br />
die Gemiif3heit in der Aufrichtung des MaBes, echt in der Entfaltung,<br />
ursprungstreu das Innehalten der Urspriinglichkeit.<br />
Aber was ist hier »Ursprunglichkeit«, was wird mit ihr bestimmt?<br />
Der Mensch, das Menschsein! (Instandigkeit des Da<br />
-seins!)<br />
Echtheit ist auch Wesentlicheres als Ehrlichkeit. Ehrlichkeit<br />
betrifft immer nur die Ausfaltung des schon Gegebenen und<br />
Verfiigbaren (vgl. das Echte und das Schlichte und das Einfache).<br />
* echt; ~haft - gesetzmaBig, filius legitimus; »Ehe«<br />
236. Die Wahrheit<br />
367<br />
Echtheit: schaffende Bewahrungskraft des Mitgegebenen,<br />
schaffende Erwirkungskraft des Aufgegebenen. Echtheit des<br />
Gemutes, des Mutes, des gestimmt-wissenden langen Willens.<br />
Die wesentliche Geduld als der hochste Mut.<br />
Echtheit und Verhaltenheit; diese noch urspriinglicher.<br />
236. Die Wahrheit<br />
Warum ist die Wahrheit? 1st sie denn und wie? Ware Wahrheit<br />
nicht, worauf stunde auch nur die Moglichkeit des Warum?<br />
Wird durch die Warum-frage die Wahrheit schon in ihrem Bestand,<br />
daB sie irgendwie sein muB, bestatigt? Fragen als Suchen<br />
des Grundes, aus welchem und auf welchem die Wahrheit<br />
sein solI. Woher aber das Fragen? Liegt dem nicht ein Ausbruch<br />
des Menschen zugrunde in ein Offenes, das sich offnet,<br />
urn zu verbergen? Und ist dieses, die lichtende Verbergung,<br />
nicht das Wesen der VVahrheit? Aber woher und wie geschieht<br />
jener Ausbruch des Menschen in jenes Andere, was er selbst<br />
zu sein meint, was ibm erscheint wie sein Bezirk, und was er<br />
doch nicht eigentlich ist, das ihm eher verwehrt und verstellt<br />
wird und davon nur ein Schein ihm bleibt (das Da-sein)?<br />
Doch worauf griindet sich die Bestimmung des Wesens der -'<br />
Wahrheit als lichtende Verbergung? Auf einen Anhalt an die<br />
&l~{}Et(l. Aber wer hat diese je maBgebend ausgedacht, und woher<br />
das Recht zu diesem Dberlieferten und doch zugleich Vergessenen?<br />
Wie fassen wir einen Stand im Wesen der Wahrheit,<br />
ohne den alles »Wahre« nur ein Betrug bleibt? Durch eine<br />
Flucht in die lebensnahe Wirklichkeit eines sehr fragwurdigen<br />
»Lebens« ist hier nichts zu gewinnen.<br />
Nahe liegt zu versuchen, ob nicht in der Frage: Warum ist<br />
Wahrheit? die Wahrheit als der Grund des Warum sich entfalten<br />
und so in ihrem Wesen bestimmen laBt.<br />
Aber die Frage scheint doch schon an ein Wissen urn »Wahrheit«<br />
verhaftet, unbestimmt und wirr und gewohnlich genug,