Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
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44 I. Vorblick<br />
17. Die Notwendigkeit der <strong>Philosophie</strong><br />
45<br />
Diese Frage muB gefragt werden des Wesens des Seins wegen,<br />
das uns braucht, und zwar nicht als die gerade noch Vorhandenen,<br />
sondem uns, sofem wir das Da-sein ausstehend instandlich<br />
bestehen und griinden als die Wahrheit des Seyns.<br />
Daher ist die Besinnung - Einsprung in die Wahrheit des<br />
Seins - notwendig Selbst-besinnung. Das besagt nicht (vgl. Die<br />
Griindung) ruckgewendete Betrachtung von uns als »gegebe.<br />
nen«, sondem Griindung der Wahrheit des Selbstseins aus dem<br />
Eigentum des Da-seins.<br />
Die Frage, Db wir zugehorig sind dem Sein, ist nach dem<br />
Gesagten in sich auch die Frage nach dem Wesen des Seyns.<br />
Diese Frage nach der Zugehorigkeit ist eine Entscheidungsfrage<br />
zwischen der erst zu bestimmenden Zugehorigkeit und<br />
der Seinsverlassenheit als der Versteifung auf das Unseiende<br />
als dem Anschein des Seienden.<br />
Weil die Philosopme solche Besinnung ist, springt sie in die<br />
auBerste uberhaupt mogliche Entscheidung voraus und beherrscht<br />
mit ihrer Eroffnung im voraus aIle Bergung der Wahrheit<br />
im Seienden und als Seiendes. Deshalb ist sie herrschaftliches<br />
Wissen schlechthin, obzwar nicht »absolutes« Wissen<br />
nach der Art der <strong>Philosophie</strong> des deutschen Idealismus.<br />
Weil aber Besinnung Selbst-besinnung ist und demzufolge<br />
wir mit in die Frage riieken, wer wir sind, und weil unser Sein<br />
eingeschichtlichesund zwar zunachstuberkommenes gewesendes<br />
ist, wird die Besinnung notwendig <strong>zur</strong> Frage nach der Wahrheit<br />
der Gescmchte der Philosopme, Besinnung auf ihren aIles uberholenden<br />
ersten Anfang und dessen Entfaltung zum Ende.<br />
Eine Besinnung auf das Heutige tragt immer zu kurz. Wesentlich<br />
ist die auf den Anfang, der sein Ende vorzeichnend<br />
auch und das »Heutige« als Auslauf des Endes noch einbezieht,<br />
und dies so, daB vom Anfang her erst das Heutige seinsgeschichtlich<br />
(vgl. Der Anklang, 57. Die Geschichte des Seyns<br />
und die Seinsverlassenheit) offenbar wird.<br />
Und noch kurzer tragt die seit dem Beginn der Neuzeit <br />
nicht zufallig - ublich gewordene Ausrichtung der <strong>Philosophie</strong><br />
an den»Wissenschaften«. Diese Fragerichtung - nicht nur die<br />
der ausgesprochen »wissenschaftstheoretischen« Art - muB vollig<br />
aufgegeben werden.<br />
Die <strong>Philosophie</strong> baut nie unmittelbar am Seienden, sie bereitet<br />
die Wahrheit des Seins vor und steht mit den hierbei<br />
sich offnenden Blickbahnen und Gesichtskreisen bereit.<br />
Die <strong>Philosophie</strong> ist eine Fuge im Seienden als die sich dem<br />
Seyn fiigende Verfiigung iiber seine Wahrheit.<br />
17. Die Notwendigkeit der <strong>Philosophie</strong><br />
AIle Notwendigkeit wurzelt in einer Not. Die <strong>Philosophie</strong> als<br />
die erste und auBerste Besinnung auf die Wahrheit des Seyns<br />
und das Seyn der Wahrheit hat ihre Notwendigkeit in der<br />
ersten und auBersten Not.<br />
Diese Not ist Jenes, was den Menschen im Seienden umtreibt<br />
und ihn zuerst vor das Seiende im Ganzen und in die Mitte des<br />
Seienden und so zu sich selbst bringt und damit jeweils Geschichte<br />
anfangen oder untergehen laBt.<br />
Dieses Umtreibende ist die Geworfenheit des Menschen in<br />
das Seiende, die ibn zum Werfer des Seins (der Wahrheit des<br />
Seyns) bestimmt.<br />
Der geworfene Werfer voIlzieht den ersten, d. h. griindenden<br />
Wurf als Entwurf (vgl. Die Griindung, IW3. Der Entwurf und<br />
das Da-sein) des Seienden auf das Seyn. 1m ersten Anfang, da<br />
der Mensch erst uberhaupt vor das Seiende zu stehen kommt,<br />
ist der Entwurf selbst und seine Art und seine Notwendigkeit<br />
und Not noch dunkel und verhiiIlt und dennoch machtig: C:PU(J'L~<br />
- uAfrl}ELu - €V - nav - A6yo~ - vou~ - n6AEllo~ - Ill] OV - llh,Y1 <br />
UllLxtU.<br />
Die Notwendigkeit der <strong>Philosophie</strong> besteht darin, daB sie als<br />
Besinnung jene Not nicht beseitigen, sondem ausstehen und<br />
begriinden, zum Grund der Geschichte des Menschen machen<br />
muB.