Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
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410 VII. Der letzte Gott<br />
256. Der letzte Gott<br />
411<br />
Dieser Wink als <strong>Ereignis</strong> stellt das Seiende in die auBerste<br />
Seinsverlassenheit und durchstrahlt zugleich die Wahrheit des<br />
Seins als ihr innigstes Leuchten.<br />
1m Herrschaftsbereich des Winkes treffen sich neu zum einfachsten<br />
Streit Erde und Welt: reinste Verschlossenheit und<br />
hochste Verklarung, holdeste Beriickung und furchtbarste Entriickung.<br />
Und dieses je wieder nur geschichtlich in den Stufen<br />
und Bereichen und Graden der Bergung der Wahrheit im Seienden,<br />
wodurch allein dieses wieder seiender wird in all dem<br />
mal3losen, aber verstellten Verloschen ins Unseiende.<br />
In solcher Wesung des Winkes kommt das Seyn selbst zu<br />
seiner Reife. Reife ist Bereitschaft, eine Frucht zu werden und<br />
eine Verschenkung. Hierin west das Letzte, das wesentliche, aus<br />
dem Anfang geforderte, nicht ibm zugetragene Ende. Hier<br />
enthiiIlt sich die innerste Endlichkeit des Seyns: im Wink des<br />
letzten Gottes.<br />
In der Reife, der Machtigkeit <strong>zur</strong> Frucht und der GroBe der<br />
Verschenkung, liegt zugleich das verborgenste Wesen des Nicht,<br />
als Noch-nicht und Nicht-mehr.<br />
Von hier aus ist die Innigkeit der Einwesung des Nichthaften<br />
im Seyn zu erahnen. GemaB der Wesung des Seyns aber, im<br />
Spiel des Anfalls und Ausbleibs, hat das Nicht selbst verschiedene<br />
Gestalten seiner Wahrheit und demgemaB auch das<br />
Nichts. Wird dieses nur »logisch« durch Verneinung des Seienden<br />
im Sinne des Vorhandenen errechnet (vgl. die Anmerkungen<br />
im Handexemplar von: »Was ist Metaphysik?«) und auBerlich<br />
wortmaBig erklart, mit anderen Worten, kommt das Fragen<br />
iiberhaupt nicht in den Bereich der Frage nach dem Seyn,<br />
dann ist aIle Widerrede gegen die Frage nach dem Nichts ein<br />
eitles Gerede, dem jede Moglichkeit benommen bleibt, jemals<br />
in den Entscheidungsbereich der Frage nach der wesentlichsten<br />
Endlichkeit des Seyns einzudringen.<br />
Aber dieser Bereich wird nur betretbar kraft der Vorbereitung<br />
einer langen Ahnung des letzten Gottes. Und die Zukiinftigen<br />
des letzten Gottes werden nur und erst vorbereitet<br />
durch jene, die den Rilckweg aus der erfahrenen Seinsverlassenheit<br />
finden, ausmessen und bauen. Ohne das Opfer dieser<br />
Riickwegigen kommt es nicht einmal zu einer Dammerung der<br />
Moglichkeit des Winkens des letzten Gottes. Diese Riick-wegigen<br />
sind die wahren Vor-Iaufer der Zukiinftigen.<br />
(Aber diese Riickwegigen sind auch ganz Andere als die vielen<br />
nur »Re-aktiven«, deren »Aktion« nur aufgeht in der blinden<br />
Anklammerung an ihr kurzgesehenes Bisheriges. Ihnen ist nie<br />
das Gewesene in seinem Ubergriff ins Kiinftige und niemals das<br />
Kiinftigein seinem Zuruf an das Gewesende offenbargeworden.)<br />
Der letzte Gott hat seine einzigste Einzigkeit und steht<br />
auBerhalb jener verrechnenden Bestimmung, was die Titel<br />
»Mono-theismus«, »Pan-theismus« und »A-theismus« meinen.<br />
,> Monotheismus« und aIle Arten des »Theismus« gibt es erst<br />
seit der jiidisch-christlichen »Apologetik«, die die »Metaphysik«<br />
<strong>zur</strong> denkerischen Voraussetzung hat. Mit dem Tod dieses<br />
Gottes fallen aIle Theismen dahin. Die Vielheit der Gotter ist<br />
keiner Zahl unterstellt, sondern dem inneren Reichtum der<br />
Griinde und Abgriinde in der Augenblicksstatte des Aufleuchtens<br />
und der Verbergung des Winkes des letzten Gottes.<br />
Der letzte Gott ist nicht das Ende, sondern der andere Anfang<br />
unermel3licher Moglichkeiten unserer Geschichte. Um sei<br />
./<br />
netwillen darf die bisherige Geschichte nicht verenden, sondern<br />
muB zu ihrem Ende gebracht werden. Wir miissen die Verklarung<br />
ihrer wesentlichen Grundstellungen in den Dbergang und<br />
die Bereitschaft hineinschaffen.<br />
Die Vorbereitung des Erscheinens des letzten Gottes ist das<br />
auBerste Wagnis der Wahrheit des Seyns, kraft deren allein die<br />
Wiederbringung des Seienden dem Menschen gliickt.<br />
Die groBte Nahe des letzten Gottes ereignet sich dann, wenn<br />
das <strong>Ereignis</strong> als das zogernde Sichversagen <strong>zur</strong> Steigerung in<br />
die Verweigerung kommt. Dies ist etwas wesentlich anderes als<br />
die bloBe Abwesenheit. Verweigerung als zugehorig zum <strong>Ereignis</strong><br />
laBt sich nur erfahren aus dem urspriinglicheren Wesen<br />
des Seyns, wie es im Denken des anderen Anfangs aufleuchtet.