Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
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84· 1. Vorblick<br />
der Macht des selben Wortes. Z. B. »Entscheidung« kann und<br />
solI zunachst, wenn auch nicht moralisch, so doch vollzugsmaBig<br />
als »Akt« des Menschen gemeint sein, bis es p16tzlich das Wesen<br />
des Seyns selbst meint, was nun nicht heiBt, daB das Seyn<br />
»anthropologisch« ausgelegt, sondern umgekehrt: daB der<br />
Mensch in das Wesen des Seyns <strong>zur</strong>iickgestellt und den Fesseln<br />
der »Anthropologie« entrissen wird. Ebenso: »Machenschaft«<br />
- eine Art des Verhaltens des Menschen und pl6tzlich und<br />
eigentlich umgekehrt: das Wesen (Un-wesen) des Seyns, worin<br />
erst der Grund der Moglichkeit der »Betriebe« gewurzelt ist.<br />
Dieses »umgekehrt« aber ist nicht einfach ein »formaler«<br />
Trick des Bedeutungsumschlags in bloBe Worte, sondern die<br />
Verwandlung des Menschen selbst.<br />
Allerdings, das rechte Begreifen dieser Verwandlung und<br />
vor allem ihres Geschehnisraumes und d. h. das Griinden desselben<br />
ist zuinnerst verwoben mit dem Wissen der Wahrheit<br />
des Seyns.<br />
Die Verwandlung des Menschen meint hier das Anderswerden<br />
seines Wesens, sofern in der bisher giltigen Auslegung<br />
(animal rationale), zwar psychologisch versteckt und miBdeutet,<br />
der Bezug zum Seienden mitgemeint, aber nicht als der Wesensgrund<br />
gegriindet und entfaltet ist. Denn dieses schlieBt<br />
ein, die Frage nach der Wahrheit des Seyns zu fragen und »die<br />
Metaphysik«.<br />
1m Seinsgeschichtlichen Denken kommt erst die Wesensmacht<br />
des Nicht-haften und der Umkehrung ins Freie.<br />
42. Von »Sein und Zeit« zum »<strong>Ereignis</strong>«<br />
Auf diesem »Weg«, wenn das Stiirzen und Steigen so heiBen<br />
kann, wird immer die selbe Frage nach dem »Sinn des Seyns«<br />
und nur sie gefragt. Und deshalb sind die Standorte des Fragens<br />
standig verschieden. Jedes wesentliche Fragen muB sich,<br />
jedesmal wenn es urspriinglicher fragt, von Grund aus wan-<br />
~<br />
I<br />
42. Von »Sein undZeit« zum »<strong>Ereignis</strong>«<br />
deln. Es gibt hier keine gradweise »Entwicklung«. Es gibt<br />
noch weniger jenes Verhaltnis des Spateren zum Friiheren, wonach<br />
in diesem schon Jenes beschlossen lage. Weil im Denken<br />
des Seyns alles sich auf das Einzige zu halt, sind hier die Umstiirze<br />
gleichsam die Regel! Dies verwehrt nun auch das historische<br />
Verfahren: das Friihere als »falsch« aufzugeben, oder<br />
das Spatere als »schon« im Friiheren »gemeint« nachzuweisen.<br />
Die »Anderungen« sind so wesentlich, daB sie in ihrem AusmaB<br />
nur bestimmt werden konnen, wenn jedesmal die eine<br />
Frage von ihrem Frageort aus durchgefragt wird.<br />
Die »Anderungen« sind allerdings nicht von auBen, durch<br />
Einwande, bedingt. Denn bisher ist noch kein Einwand moglich<br />
geworden, weil die Frage noch gar nicht begriffen ist. Die<br />
»Anderungen« entspringen der wachsenden Abgriindigkeit<br />
der Seynsfrage selbst, wodurch ihr jeder historische Anhalt<br />
genommen wird. Deshalb wird allerdings der Weg selbst immer<br />
wesentlicher, nicht als »personliche Entwicklung«, sondern als<br />
die vollig unbiographisch gemeinte Anstrengung des Menschen,<br />
das Seyn selbst im Seienden zu seiner Wahrheit zu bringen.<br />
Hier wiederholt sich nur, was sich seit dem Ende des ersten<br />
Anfangs derabendlandischen <strong>Philosophie</strong>, d.h. seit demEnde der<br />
Metaphysik, immerentschiedenerereignenmuB, daB dasDenken<br />
des Seyns keine »Lehre« und kein »System«, sondern die eigentliche<br />
Geschichte und somit das Verborgenste werden muB.<br />
Zum ersten Mal geschieht dies als Denken Nietzsches; und<br />
was uns da als »Psychologie« und als Selbstzergliederung und<br />
Auflosung und »Ecce homo« entgegentritt, mit all dem Zeitgenossischen<br />
jener wUsten Zeit, das hat seine eigentliche Wahrheit<br />
als Geschichte des Denkens, das bei Nietzsche noch erst das<br />
Zudenkende sucht und es noch im Umkreis der metaphysischen<br />
Fragestellung (Wille <strong>zur</strong> Macht und ewige Wiederkehr des<br />
Gleichen) findet.<br />
In den Versuchen seit »Sein und Zeit« ist zwar die Frage<br />
urspriinglicher angesetzt, aber alles halt sich in einem, wenn<br />
iiberhaupt vergleichbaren, geringeren MaBstab.<br />
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