Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
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138 II. Der Anklang<br />
72. Der Nihilismus<br />
139<br />
71. Das Riesenhafte<br />
Der Oberlieferung nach (vgl. Aristoteles tiber das n:ocrov) liegt<br />
das Wesen des quantum in der Teilbarkeit in Teile derselben<br />
Art.<br />
Was ist dann quantitas? Und das Quantitative? Und inwiefern<br />
ist das Riesenhafte das Quantitative als Qualitatives? LaBt<br />
sich das aus jener Bestimmung des Quantum begreiflich machen?<br />
»Teile der selben Art« und »Teilung«, Teilung und Ein-teilung<br />
(Rechnen - Myor;, Unterscheiden - Sammeln).<br />
Ein-teilung und Ein-richtung?<br />
Ein-richtung und Vor-stellung?<br />
Quantum, nach Hegel die aufgehobene, gleichgiiltig gewordene<br />
Qualitat, schlieBt Veranderlichkeit des Was ein, ohne daB<br />
dieses dadurch aufgehoben wird.<br />
Quantitat und Quantum (eine Grof3e - so und so Grof3es)<br />
~<br />
Grof3heit - Art des Grof3seins, eine solche des Viel und Wenig.<br />
72. Der Nihilismus<br />
im Sinne Nietzsches bedeutet: daB alle Ziele weg sind. Nietzsche<br />
meint hier die in sich wachsenden und den Menschen<br />
(wohin?) verwandelnden Ziele. Das Denken in »Zielen« (das<br />
seit langem miBdeutete 'tEAOr; der Griechen) setzt die {Mil und<br />
den »Idealismus« voraus. Deshalb bleibt diese »idealistische«<br />
und moralische Auslegung des Nihilismus trotz ihrer Wesentlichkeit<br />
vorlaufig. In der Absicht auf den anderen Anfang muB<br />
der Nihilismus griindlicher als Wesensfolge der Seinsverlassenheit<br />
begriffen werden. Wie aber kann diese <strong>zur</strong> Erkenntnis und<br />
Entscheidung kommen, wenn schon das, was Nietzsche als Nihilismus<br />
erstmals erfuhr und durchdachte, bis <strong>zur</strong> Stunde unbegriffen<br />
blieb und vor allem nicht in die Besinnung zwang?<br />
Man hat, mitverleitet durch die Form der Mitteilungsart Nietz<br />
sches selbst, seine »Lehre« yom »Nihilismus« als eine interessante<br />
Kulturpsychologie <strong>zur</strong> Kenntnis genommen, aber schon<br />
vorher sich vor ihrer Wahrheit bekreuzigt, d. h. sie offen oder<br />
stillschweigend als teuflisch sich yom Leibe gehalten. Denn, so<br />
lautet die einleuchtende Oberlegung: wo kamen wir hin, wenn<br />
das wahr ware und wahr wiirde? Und man ahnt nicht, daB<br />
eben diese tJberlegung bezw. die sie tragende Haltung und<br />
Verhaltung zum Seienden der eigentliche Nihilismus ist: man<br />
will sich die Ziel-Iosigkeit nicht eingestehen. Und deshalb »hat«<br />
man plotzlich wieder »Ziele« und sei es nur, daB, was allenfalls<br />
ein Mittel ftir die Zielaufrichtung und Verfolgung sein<br />
kann, selbst zum Ziel hinaufgesteigert wird: das Volk z. B. Und<br />
deshalb ist eben da, wo man wieder Ziele zu haben glaubt, wo<br />
man wieder »glticklich« ist, wo man dazu tibergeht, die bisher<br />
den »Meisten« verschlossenen »Kulturgtiter« (Kinos und Seebadereisen)<br />
allem»Volke« gleichmaBig zuganglich zu machen,<br />
eben da, in dieser larmenden »Erlebnis«-Trunkenboldigkeit,<br />
ist der groBte Nihilismus, das organisierte AugenschlieBen vor<br />
der Ziel-Iosigkeit des Menschen, das »einsatzbereite« Ausweichen<br />
vor jeder Ziel setzenden Entscheidung, die Angst vor jedem<br />
Entscheidungsbereich und seiner Eroffnung. Die Angst<br />
vor dem Seyn war noch nie so groB wie heute. Beweis: die<br />
riesenhafte Veranstaltung <strong>zur</strong> Dberschreiung dieser Angst.<br />
Nicht das ist das wesentliche Kennzeichen des »Nihilismus«, ob<br />
Kirchen und Kloster zerstort und Menschen hingemordet werden<br />
oder ob dieses unterbleibt und das »Christentum« seine<br />
Wege gehen kann, sondern dieses ist entscheidend: ob man<br />
weiB und wissen will, daB gerade diese Duldung des Christenturns<br />
und dieses selbst, daB das allgemeine Reden von der<br />
»Vorsehung« und dem »Herrgott«, so ehrlich es dem Einzelnen<br />
damit sein mag, nur Auswege und Verlegenheiten in dem Bereich<br />
sind, den man als den Entscheidungsbereich tiber Seyn<br />
oder Nichtseyn nicht anerkennen und <strong>zur</strong> Geltung kommen<br />
lassen will. Der verhangnisvollste Nihilismus besteht darin, daB<br />
man sich als Beschtitzer des Christentums ausgibt und sogar