Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) - gesamtausgabe
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
462 VIII. Das Seyn<br />
265. Das Er-denken des Seyns<br />
463<br />
Aber das Erdenken des Seyns ist nun auch entsprechend<br />
selten und vielleicht uns nur erst in groben Schritten einer Vorbereitung<br />
seiner gegonnt, wenn das Wagnis dieses abgriindigen<br />
Sprunges eine Gunst heiBen darf.<br />
Erst dieses Denken des Seyns ist wahrhaft un-bedingt, d. h.<br />
nicht bedingt und bestimmt durch ein Bedingtes auBerhalb<br />
seiner und des von ihm zu Denkenden, sondern einzig bestimmt<br />
durch das in ihm zu Denkende, durch das Seyn selbst,<br />
das gleichwohl nicht »das Absolute« ist. Aber indem das Denken<br />
(im Sinne des Er-denkens) aus dem Seyn das Wesen erhalt,<br />
indem sogar das Da-sein, dessen eine lnstandigkeit das Er<br />
-denken sein muB, erst und nur durch das Sein er-eignet wird,<br />
hat das Denken, d. h. die <strong>Philosophie</strong>, ihren eigensten und<br />
hochsten Ursprung aus ihr selbst, aus dem in ihr zu Denkenden<br />
erreicht. Erst jetzt ist sie schlechthin unangreifbar durch Schatzungen<br />
und Wertungen, die nach Zielen und Nutzen rechnen,<br />
d. h. die <strong>Philosophie</strong> entsprechend wie die Kunst als eine Kulturleistung<br />
oder schlieBlich nur noch als Kulturausdruck miBhandeln<br />
und unter Zumutungen stellen, die dem Schein nach<br />
die <strong>Philosophie</strong> uberragen, in Wahrheit aber tief unter ihr<br />
bleiben, ihr Wesen ins Verstandliche hinabzerren und in solcher<br />
Verzerrung in das gerade noch Geduldete und Belachelte<br />
verschieben.<br />
Welche AnmaBung muB es, aus solcher Niederung gesehen,<br />
bleiben, der <strong>Philosophie</strong> ihren unbedingten Ursprung zu behaupten.<br />
Doch selbst aus einer hoheren Ebene der Schatzung,<br />
ja aus jeder nur irgend versuchten erreichen wir keinen anderen<br />
Wesensblick in die <strong>Philosophie</strong>, der nicht das »Titanische«<br />
mit erblicken muBte. In der Metaphysik und durch ihre Geschichte<br />
hindurch bleibt es verschleiert und schlieBlich zu einer<br />
bloBen erkenntnistheoretisch bedenklichen Grenzuberschreitung<br />
abgeschwacht. Wenn jedoch im Ubergang aus der Metaphysik<br />
das Denken zum Erdenken des Seyns sich entscheiden<br />
muB, dann steigert sich die Gefahr der unumganglichen Vermessenheit<br />
ins Wesentliche. Das Wissen von dieser Gefahr<br />
wandelt sich freilich auch, indem es, kaum jene nennend, die<br />
wesentliche Gefahrdung verschweigt. Der Hinweis gehort in<br />
die Zweideutigkeit des Uberganges, in dem die Besinnung immer<br />
noch das streifen muB, was im Vollzug des Uberganges<br />
sich alsbald mehr und mehr in das einfache Tun verlegt. Dieses<br />
Zweideutige behalt in der <strong>Philosophie</strong> eine besondere Hartnackigkeit,<br />
weil sie als denkendes Fragen sich selbst notwendig,<br />
gerade sofem sie unbedingten Ursprungs ist und je urspriinglicher<br />
sie das ist, in ihr Wissen riicken muB.<br />
Die Einzigkeit des Seyns wird im Ubergang von der Metaphysik,<br />
fur die es als das Allgemeinste und Gelaufigste galt, in<br />
einer entsprechend einzigen Befremdlichkeit und Dunkelheit<br />
<strong>zur</strong> Wesung kommen. 1m uberganglichen Denken hat alles,<br />
was <strong>zur</strong> Seinsgeschichte gehort, das Ungewohnliche des Einmaligen<br />
und Diesmaligen. Das Er-denken des Seyns erreicht<br />
daher, wo und wann es gelingt, eine Harte und Scharfe der<br />
Geschichtlichkeit, fur die dem Sagen noch die Sprache fehlt,<br />
d. h. das ihm, dem Seyn, genugende Nennen und Horenkonnen.<br />
Das Er-denken des Seyns denkt sich ja nicht einen Begriff<br />
aus, sondem erringt jene Befreiung yom Nur-Seienden, die<br />
ge-eignet macht fUr die Bestimmung des Denkens aus dem<br />
Seyn. Das Er-denken stellt in jene Geschichte hinaus, deren<br />
/<br />
»<strong>Ereignis</strong>se« nichts anderes sind als die StoBe der Er-eignung<br />
selbst. Sagen konnen wir dies nur, indem wir sagen: da{3 sich<br />
dies ereigne; und was ist dieses »dies«? DaB Holderlin den<br />
kunftigen Dichter gedichtet, daB er selbst als der erste »ist«,<br />
der Nahe und Ferne der gewesenen und kunftigen Gotter <strong>zur</strong><br />
Entscheidung gestellt (vgl. der seynsgeschichtliche Standort).<br />
Wer mochte sich wundem, wenn dieser Hinweis auf das erste<br />
DaB der Seynsgeschichte im Ubergang von der Metaphysik in<br />
das Erdenken des Seyns fur ganz willkurlich und unverstand<br />
Hch gehalten wird? Doch nutzte es kaum, wenn dem begegnet<br />
wiirde durch Aufklarungen dariiber, daB aIle »literarhistorischen«,<br />
dichtungsgeschichtlichen und »geistesgeschichtlichen«